Archiv | August, 2011

Ernüchtert.

22 Aug

Ich habe mich am Samstag Abend kräftig betrunken.

Das lag allerdings nicht direkt am Spiel des VfB, sondern eher daran, dass ich seit langem mal wieder in der alten Heimat war. Dies bedeutet dann allerdings auch gleichzeitig, dass ich, in Gesellschaft von Fans des 1. FC Köln, Werder Bremen und auch Bayer Leverkusen, leider nicht in der Lage war das VfB-Spiel einzeln zu sehen, sondern nur im Rahmen der Konferenz auf Sky.  Da man dort kein wirkliches Bild vom Spiel bekommt und ich zudem nicht wirklich Zusammenfassungen schauen konnte, sind meine Eindrücke der Leistung des VfB doch eher sehr oberflächlichen Charakters.

Das sei einmal vorangestellt zur Einordnung der folgenden Sätze. Schließlich bin ich nun mal Blogger und da muss ich ja eine Meinung haben, egal wie unfundiert sie sein mag.

Dass der VfB am Samstag als Verlierer den Platz verlassen würde war dabei ja eigentlich schon vorher absehbar gewesen. Zumindest wurde im Vorfeld die Statistik, dass Bayer Leverkusen in Stuttgart so häufig gewonnen hat, wie sonst nirgendwo ausserhalb der Farbenstadt. Und auch unabhängig der statistischen Vorzeichen hatte ich schon vor einer Woche nicht gerade euphorisch auf das Spiel geblickt.

Und auch in der Konferenz selbst musste man dann schnell den Eindruck gewinnen, dass der VfB das unterlegene Team war, dem nicht viel einfiel.

Blickt man dann allerdings im Nachhinein auf die Statistiken des Spiels, dann wirkt es rein von den Werten her, doch recht ausgeglichen: Beide Teams mit 11 Torschüssen (die zudem noch fast identisch verteilt sind), 50,7% zu 49.3% Ballkontakte, 360 zu 348 Pässe, sowie 51,1% zu 48,9% gewonnene Zweikämpfe (jeweils zugunsten von Leverkusen – aber eben sehr eng). Einziger wirklich auffälliger Ausreisser ist die Abseitsstatistik: Satte sieben Mal befanden sich Stuttgarter Spieler im Abseits, Leverkusen bekam keine einzige Situation wegen Abseits abgepfiffen.

Nun ja, Bruno Labbadia sagte ja schon im Vorhinein, dass das Spiel wahrscheinlich durch Kleinigkeiten entscheiden werden würde – und in Anbetracht der statistischen Werte kann man diese Vorhersage durchaus als „eingetroffen“ bewerten.

Zur großen Freude der Sportpresse war diese Kleinigkeit dann natürlich ausgerechnet (AUSGERECHNET!!1) ein Torwartfehler des zuletzt doch sehr überzeugenden Sven Ulreich. Damit war natürlich die Story schon quasi geschrieben, blieb doch im gleichen Spiel die eigentliche Nummer 3 des VfB, derzeit ja in Diensten von Leverkusen, zum zweiten Mal in Folge ohne Gegentor.

Wie geschrieben, ich konnte nicht das komplette Spiel sehen, aber der VfB hat den Zusammenfassungen nach zu urteilen wenig gute Bälle auf das Tor der Leverkusen bekommen, so dass ich mir über Bernd Leno weiterhin kein wirkliches Urteil bilden mag nachdem er schon gegen Bremen nur einen Torschuss auf den Kasten bekam. Ich hoffe, das ändert sich in den nächsten Wochen noch ein wenig, damit man sehen kann, wie er in entsprechenden Situationen wirklich agiert. Wenn er die Vorschusslorbeeren wirklich bestätigen kann und zudem Ulreich weiterhin den einen oder anderen Patzer einbauen sollte, dann könnte es in der Winterpause wirklich spannend werden.

Was mich allerdings weit mehr aufgeregt hat als der Fehlgriff von Ulreich, war die Unbeherrschtheit von Boulahrouz kurz vor Schluss, die zum Platzverweis geführt hat. Klar, ich kann seinen Unmut nachvollziehen, zumindest aus der Distanz (ich hatte leider nur die Totale) sah das nach einem normalen Tackling aus. Dennoch DARF er sich da nicht zu einer solchen Aktion hinreissen lassen, die ihm gut und gerne einen glatten Platzverweis hätten einbringen können. So fehlt er „nur“ am Freitag im Auswärtsspiel bei Hertha – und das ist schon schlimm genug.
Denn die ohnehin dünne Personaldecke der Defensive ist dadurch noch schmaler geworden, so dass hinter Celozzi nun ein Rechtsverteidiger aus dem zweiten Team nachnominiert werden müsste.

Und als wäre das nicht schon genug, hat sich Patrick Bauer, Innenverteidiger, beim Training mit der ersten Mannschaft heute auch noch die bizarre Verletzung namens „Augapfelprellung“ zugezogen, wohl nach einem Zweikampf mit Pawel Pogrebnyak. Er fällt ebenfalls sicher für Freitag aus.
Damit stehen wir derzeit -sollte Serdar Tasci die Woche blessurenfrei überstehen- bei 5 etatmäßigen Verteidigern (RV Celozzi, 2x IV Maza & Tasci , 2x LV Molinaro & Boka), die am Freitag aller Voraussicht nach dann durch weitere Nachrücker aus der zweiten Mannschaft „aufgefüllt“ werden. Mal schauen, welche der Namen Geyer, Vier, Vecchione oder gar Lang wir am Freitag auf der Kaderliste sehen werden.

Mein Gefühl ist derzeit doch sehr indifferent was die Perspektiven angeht. Sowohl was die generellen Aussichten angeht, als auch kurzfristig aufs Hertha-Spiel bezogen.

Natürlich müssen wir unter normalen Umständen den Aufsteiger Berlin schlagen können, selbst mit der derzeit dünn besetzten Abwehr und der noch fehlenden Struktur in der Offensive. Aber man ist als VfB-Fan dann doch irgendwie vorsichtig geworden was das erste Saisondrittel angeht und ich kann nur hoffen, dass das eine Misserfolgserlebnis jetzt nicht wieder die übliche Spirale nach sich zieht. Noch eine solche Saison wie die letzte ertrage ich nicht. Das dürfen dieses Mal ruhig die Hamburger oder so übernehmen…

Ent-Täuschungs-Versuch.

15 Aug

Ich muss zugeben, ich bin enttäuscht.

Als ich am Samstag um kurz nach 18 Uhr den Mönchengladbacher Wellblechpalast betrat, tat ich das in der einigermaßen sicheren Überzeugung, dass ich diesen Ort rund 2 Stunden später als Fan des alleinigen Tabellenführers wieder verlassen würde.

Das neu gewonnene Selbstvertrauen hatte unter Umständen auch mit der Zahl der vorab beim Gladbacher „Stamm“-Griechen (zweimal ist Tradition, oder?) verzehrten Kölsch zu tun, aber eben auch damit, dass keines der Teams mit weißer Weste eine mit uns konkurrierende Tordifferenz aufweisen konnte, nach den Samstagnachmittagspielen. Denn ich rechnete durchaus mit einem Sieg gegen Gladbach, keinem deutlichen, aber einem Sieg. Und der hätte schon gereicht für Platz 1. Aber leider reichte es am Ende dann doch nur zu einem Remis und damit „nur“ zu Platz 4, bzw. relevanter: zu 4 Punkten insgesamt.

Dabei ließ es sich eigentlich gar nicht so sehr schlecht an. Bis auf eine sehr gute Gelegenheit von Reus wenige Sekunden nach Anpfiff, hatte der VfB die Gladbacher Borussia sehr gut im Griff und ließ ihnen in der eigenen Hälfte kaum Raum, um zu ernsthaften Torchancen zu kommen. Die hatte, wie schon vor Wochenfrist überwiegend der VfB für sich zu verzeichnen – leider aber auch mit der selben Schlampigkeit im Abschluss wie vor Wochenfrist.

Allerdings waren die Chancen für den VfB auch weder quantitativ wie qualitativ so stark vorhanden wie  noch gegen Schalke. Denn die Borussia bestätigte ihre starke Defensivleistung aus dem Auftaktspiel mit einer ähnlich konzentrierten und ruhigen Leistung, die es dem VfB eben selten erlaubte seinerseits zu guten Gelegenheiten zu kommen, da die Abseitsfalle der Gladbacher hervorragend funktionierte (bzw. teilweise die Stuttgarter Mittelfeldspieler den Pass einfach zu spät spielten).
Und da auch der VfB, wie erwähnt, defensiv sehr aufmerksam agierte, entwickelte sich im Laufe der ersten 45 Minuten ein zwar gut anzuschauendes Spiel, aber eben auch eines mit eher überschaubarem Unterhaltungswert.

Das änderte sich, obwohl keiner der Trainer wechselte, dann allerdings in der zweiten Hälfte, da der VfB nach dem Wiederanpfiff wesentlich offensiver eingestellt agierte und die Gladbacher schon früher unter Druck setzte, wodurch sich einige gute Gelegenheiten ergaben, vor allem über die linke Seite mit Molinaro und Gentner, sowie später Traoré (insgesamt 9 Flanken versus 4 über rechts). Aber trotz einer Steigerung der Chancenzahl konnte der VfB auch hier wieder nichts zählbares für sich herausholen und lief stattdessen in einen Konter, der zum nicht ganz verdienten Führungstreffer der Gladbacher führte.

Von meinem Platz auf der anderen Seite des Stadions aus habe ich im laufenden Spiel den Elfmeter als richtige Entscheidung so hingenommen. Nach Studium der Bilder im Fernsehen später am Abend sah das schon deutlich anders aus. Marco Reus möchte ich dabei nichtmal einen bewussten Täuschungsversuch unterstellen, da der Zweikampf von Kvist durchaus robust geführt wurde – aber wie es in den Regeln so schön heisst: Im Kampf um den Ball und mit angelegtem Arm.
Wenn man sich die Szene allerdings die Konterszene komplett anschaut, dann gibt es einige Sekunden vorher, so rund 5 Meter vor der Strafraumgrenze ein erstes Zusammentreffen zwischen beiden Spielern, aus dem Reus als Gewinner hervorgeht, weil er in fast identischer Manier Kvist wegrempelt – allerdings mit dem kleinen, feinen Unterschied, dass Reus dabei den Ellenbogen/Arm weit deutlicher nutzt als es der Däne wenige Sekunden darauf tut.

Ich will mich nicht an Schiedsrichterentscheidungen aufhängen, das ist hier bekanntermaßen wirklich selten der Fall, aber die Gesamtszene bietet für mich eben ein perfektes Beispiel für Schiedsrichterschulungen um innerhalb weniger Sekunden den Unterschied zwischen korrektem und inkorrektem Rempeln zu zeigen.
So bleibt es eben als Beispiel haften, wie unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe bei ähnlichen Situationen innerhalb und außerhalb des Strafraums angelegt werden.

Erfreut habe ich dann allerdings die Reaktion des Teams wahrgenommen, die sich nicht von dem unglücklichen Rückstand hat aus der Bahn werfen lassen, sondern in den folgenden Minuten wieder verstärkt angriff und schon kurz darauf im Nachgang einer eigentlich geklärten Ecke aufgrund eines guten Nachsetzens von Kvist gegen  Hanke zum Ausgleichstreffer durch Cacau kam. Nach den durchaus actionreichen Minuten um die 70. herum verflachte das Spiel dann wieder ein wenig, wobei beide Teams zu vereinzelten Gelegenheiten kamen. Auch die gelb-rote Karte für Brouwers veränderte die Dynamik nicht mehr entscheidend, da Gladbach ohnehin ja weit mehr Wert auf die Defensive legte und weitestgehend Offensivaktionen nur in Form von Kontern vornahm.

Unter dem Strich geht das Unentschieden trotz des unglücklichen Zustandekommens sicherlich aber in Ordnung.

Zwar schmerzen die zwei Punkte weniger, aber in Anbetracht der Gesamtsituation kann man zum jetzigen Zeitpunkt mit vier Punkten aus den ersten zwei Saisonspielen durchaus leben. Die „Zufriedenheit“ meinerseits liegt vor allem in den bisherigen Auftritten des Teams begründet.
Mit den Leistungen der vergangenen Spielzeit im Hinterkopf, sowie den zahlreichen Verletzungsfällen der letzten Wochen, musste man schließlich ein großes Fragezeichen hinter die Defensivabteilung stellen. Doch diese hat sich in den beiden Spielen gegen Schalke und Gladbach bisher als erstaunlich zuverlässig präsentiert und deutet an, dass die beiden Verpflichtungen von Maza und Kvist hier zwei Volltreffer gewesen sein könnten. (Rechnet man noch Hajnal und Okazaki dazu, dann wären 4 der letzten 5 Transfers von Bobic Treffer – Traoré noch ausgeklammert – wann hatte ein VfB-Manager das letzte Mal eine solche Quote?).
Zumindest hat man den Eindruck, dass Tasci neben Maza seine Souveränität früherer Jahre wiedergefunden hat und auch Kvist scheint seinen Nebenmann Kuzmanovic in defensiver Hinsicht ganz gut zu ergänzen. Und auch die beiden anderen Puzzlestücke der Defensive, die Aussenverteidiger, zeigen sich bislang mit sehr soliden Leistungen und lassen hinten wenig zu.

Dementsprechend verschiebt sich das Fragezeichen derzeit eher in Richtung Offensive. Im Spiel gegen Schalke waren viele gefährlichere Offensivaktionen aus Standards oder sehr weit aufgerückten Schalkern entstanden, zwei Dinge, die der VfB am Samstag nicht so regelmäßig vorgesetzt bekam, wie noch die Woche zuvor. Dementsprechend stand der VfB zumeist vor der Aufgabe, aus dem Spiel gegen zwei tiefstehende Viererketten Chancen zu erarbeiten – eine Aufgabe, die eventuell noch zu schwierig für dieses Team sein könnte. Nicht umsonst entstand das Tor aus einer Situation, als die Gladbacher Mannschaft gerade im Begriff war, nach einem abgewehrten Eckball auf Konter umzuschalten, und dann aprupt durch Kvists Ballgewinn wieder zurückschalten musste, was die Defensivstruktur lang genug irritierte, um Gentner ausreichend Platz für eine unbedrängte Kopfballvorlage zu geben.
Es wirkte allerdings am Samstag auch so, dass zentrale Offensivspieler wie Hajnal und vor allem Harnik, die Länderspieltripps unter der Woche nicht ganz so gut verkraftet hatten und dementsprechend nicht auf der Höhe ihres Leistungsvermögens waren. Vor allem bei Harnik aber kein Wunder, nachdem er eine Schulterverletzung aus dem Länderspiel mitbrachte. Bringen diese beiden Spieler wieder stärkere Leistungen auf den Platz, dann sollte auch ein Spiel gegen ein so defensivorientiertes Team wie Gladbach mit einem Sieg beendet werden können.

Wenn man aus zwei (mit Pokalspiel drei) Spielen halbwegs seriöse Rückschlüsse ziehen kann, dann erwarte ich in dieser Saison eine Platzierung im oberen Mittelfeld der Liga. Aufgrund der stabil erscheinenden Defensive, sollte man in diesem Jahr mit mehr Siegen gegen Teams rechnen können, gegen die man im letzten Jahr noch verloren oder Remis gespielt hat. Auch weil die Standardsituationen in dieser Saison zu einer ernst zu nehmenderen Waffe geworden sind und so vermutlich die eine oder andere defensivstarke Mannschaft vielleicht knacken kann.
Ob man auch gegen Mannschaften mit viel Klasse in der Offensive mithalten können wird, darüber wird man sicherlich am kommenden Wochenende gegen Leverkusen schon einige Aufschlüsse bekommen. Durch die eher offensive Ausrichtung von Leverkusen könnten sich sicherlich einige Räume für entsprechende Konter ergeben, zumal die Abwehr vor allem gegen Mainz nicht den sattelfestesten Eindruck gemacht hat. Mit Spielern wie Derdiyok, Kießling, Schürrle und Renato Augusto wird vor allem aber die Defensive des VfB zeigen müssen, ob sie die guten Eindrücke bestätigen kann oder ob der solide Auftritt gegen Schalke (immerhin mit Huntelaar, Raul und Holtby mindestens so prominent besetzt) eher dem schwachen Teamspiel der Gelesenkirchener geschuldet war, die sich erst in Halbzeit 2 gegen Köln wirklich freispielen konnten.
Die spannendste Geschichte für die Medien (und zugegeben ein bisschen auch für uns Fans) wird natürlich die „Rückkehr“ von Bernd Leno sein, der ja seit vergangener Woche für einige Monate nach Leverkusen ausgeliehen ist. Es wird interessant zu sehen sein, wie stark er wirklich ist und ob er neben dem für ihn neuen Druck eines Bundesligastammtorhüters auch mit der speziellen Situation eines Spiels bei seinem langjährigen Verein umgehen kann. Gestern wurde er ja von Bremen leider noch überhaupt gar nicht gefordert, so dass man sich noch kein wirkliches Urteil bilden konnte. Aber gut, wir werden es bald sehen.

Unabhängig von der kurzfristigen Aufgabe bin sehr gespannt, wo der Weg in den nächsten 5-6 Wochen genau hinführen wird, aber sicher bin ich mir doch sehr, dass dieser Weg nicht wieder im frühzeitigen Abstiegskampf mündet. Dazu macht das Team momentan einen zu gefestigten Eindruck. Und ich hoffe, dass ich mich diesbezüglich nicht selbst täusche…

 

Spielervorstellung: William Kvist – Das Interview

11 Aug

Um euch William Kvist etwas näher vorzustellen habe ich mit einem Fan des FC Kopenhagen, Christian Wilkens, unterhalten, der mich bereits vor einiger Zeit bei Twitter auf Gerüchte bezüglich eines VfB-Interesses an Kvist aufmerksam gemacht hat. Das englische Original gibt es „drüben“ beim Nebenprojekt 1893 News.

1)     Hallo Christian, warum stellst du dich nicht erstmal kurz vor und erzählst uns etwas über dich?

Ich bin 23, komme aus Kopenhagen und bin seit meinem sechsten Lebensjahr FCK-Fan. In dieser Zeit habe ich u.a. gesehen wie William seine ersten Schritte gemacht hat und nachher als FCK-Legende in die Klubhistorie einging.

2)     Klar, dass die Frage kommen muss, aber was hälst du von Kvist als Fussballer? So wie ich rausgefunden habe, hat er seine Karriere als rechter Verteidiger begonnen und spielt erst seit kurzer Zeit im zentralen Mittelfeld. Wieso wurde er auf einmal im zentralen Mittelfeld eingesetzt und was für ein System hat Solbakken in Kopenhagen spielen lassen (Raute, Doppel Sechs etc.)? Denkst du er hat noch noch Luft nach oben und Entwicklungspotential oder siehst du ihn eher als fertigen Spieler? Wenn du ihn als Spielertypen und seine Spielweise beschreiben müsstest, mit welchem Bekannten DM würdest du ihn vergleichen? Ist er eher ein Typ Xavi, Iniesta, Essien oder als anschaulicheres Beispiel, Khedira und Schweinsteiger für Deutschland mit dem eher offensiv denkenden Schweinsteiger und dem defensiv denken Khedira? Wo siehst du seine Stärken und wo seine Schwächen?

3)     Hattest du einen Lieblingsmoment mit William Kvist? Irgendwelche Geschichten oder Anekdoten, die du uns mitteilen möchtest? Soweit du es beurteilen kannst, was für ein Typ ist William? Viele VfB-Fans denken, dass die Mannschaft ein Führungsproblem hat und natürlich hoffen viele, dass William dieses lösen kann. Denkst du, dass er ein geborenes Führungsspieler ist, der schon von Beginn an Verantwortung und eine Führungsrolle annehmen kann und will, obwohl er natürlich erstmal mit der Umstellung, dem neue Land und der neuen Liga beschäftigt sein wird?

Kvists Lieblingsposition war immer im zentralen Mittelfeld. Kvist hat in Kopenhagens Jugendmannschaften, in den dänischen U-Auswahlen und in seiner ersten Zeit mit dem Profiteam im zentralen Mittelfeld gespielt.

Schritt für Schritt hat er sich etabliert. Der neue Trainer des 1.FC Köln, Stale Solbakken, kam nach Kopenhagen und „Willy“, so sein Spitzname, hat sich langsam weiterentwickelt. Er hat einige Spiele im rechten Mittelfeld bestritten und hat dort solide Leistungen geboten, aber zu diesem Zeitpunkt war er kein Stammspieler. Er war ein solider Kaderspieler, allerdings keine dominante und wichtige Figur.

Als Lars Jacobsen 2007 Kopenhagen in Richtung Nürnberg verließ hatten wir keinen Rechtsverteidiger mehr. Solbakken hielt Kvist für die beste Alternative und Kvist fügte sich dort exzellent ein. Solbakken sagte, dass Kvist problemlos in kürzester Zeit der beste Rechtsverteidiger Dänemarks und Stammspieler für die dänische Nationalelf werden könnte, sofern er denn wollte. Allerdings sah sich Kvist trotz der guten Leistungen immer noch nicht als Rechtsverteidiger. Er hatte ein Ziel und das war der Durchbruch als zentraler Mittelfeldspieler beim FC Kopenhagen. Und genau das tat er auch. Abgesehen von diesen sechs Monaten hat Kvist nie als Rechtsverteidiger gespielt. Zdenek Pospech wurde verpflichtet und Kvist war wieder primär Mittelfeldspieler.

Seinen grossen Durchbruch hatte er letzte Saison. Er spielte neben Claudemir in einem 4-4-2 mit Doppelsechs, verdrängte den ex-Kapitän Hjalte Nørregaard aus dem Team und übernahm ausserdem noch seine Kapitänsbinde. Es war als ob Kvist ein komplett neuer Spieler war. Er war dominant, stark, forsch und ein echter Leader auf dem Platz. Er hat in den letzten 12-16 Monaten einen riesigen und sehr bemerkenswerten Entwicklungsschritt gemacht.

In meinen Augen ist er in keinster Weise ein fertiger Spieler. Er hat noch in gewissen Bereich noch Entwicklungspotential und Dinge, an denen er arbeiten muss und genau deswegen war der Wechsel ins Ausland für ihn auch der richtige Schritt. Er kann sein Passspiel und seine technischen Fähigkeiten verbessern und eine bessere Antizipation würde seinem Spiel manchmal auch helfen. Etwas, was du von Kvist in jedem Spiel kriegst und siehst ist ein 100%iger Einsatz für die Mannschaft. Er ist nicht der Spielertyp, der den Rasen umpflügt und von einem Tackling ins nächste fliegt, allerdings hat er ein sehr grosses Laufpensum und eine sehr grosse Laufbereitschaft. Zweifelsohne ist er eher der Spielertyp Khedira als der Spielertyp Xavi!

Die letzten Jahre hat er mit einem privaten Mentaltrainer zusammengearbeitet. Sie haben gemeinsam Ziele für ihn erarbeitet und dies hat ihm laut eigener aussage sehr geholfen. Er ist ein sehr ernster, seriöser und professioneller Typ. Er liest viele Bücher und hat gerade seinen Bachelor an der Copenhagen Business School gemacht. Er ist nicht der Typ, der seine komplette Freizeit in Discos verbringt oder nächtelang an der Playstation hängt.

Ein guter Kumpel von mir hat mal beim FC Kopenhagen gespielt und er meinte Willy sei während Trainingslagern grundsätzlich auf seinem Zimmer gehangen und hat Bücher gelesen oder gelernt während die restlichen Spieler auf dem Golfplatz waren oder die Zeit an der Playstation totgeschlagen haben. William ist sicherlich kein humorloser Streber und Spießer, er ist nur sehr professionell und nimmt seinen Beruf und den Fussball sehr ernst.

Um deine Frage zu beantworten: Ja, ihr habt mit William euren Führungsspieler und eure Führungsfigur. Ich denke er wird keine grossen Probleme haben sich in Deutschland und in der Bundesliga einzuleben. Seine Mentalität und seine Spielweise passen in meinen Augen sehr gut nach Deutschland.

4)     Wie werden du und die FCK-Fans ihn in Erinnerung behalten und was war die allgemeine Reaktion der Fans, als seine Wechselgedanken an die Öffentlichkeit kamen?

Die FCK-Fans werden Willy als den Kapitän des erfolgreichsten FCK-Teams der Vereinsgeschichte in Erinnerung behalten. (1) Er hat sein ganzes Leben beim FC Kopenhagen gespielt und ist ein Produkt des Vereins. Wir wussten, dass er irgendwann ins Ausland gehen wurde und durch seinen 2012 auslaufenden Vertrag und seine herausragende Saison war ein Abschied diesen Sommer sehr wahrscheinlich. Es war zwar kein Schock, aber immer noch sehr schade. Ich bin mir allerdings sicher, dass er eines Tages zurückkehren wird.

5)     Hast du irgendeine Frage vermisst oder würdest gerne noch persönlich was loswerden?

Paßt gut auf ihn auf. Er ist ein sehr netter Kerl.

Herzlichen Dank für deine Mühe und Zeit, Christian, und wir hoffen dir hat es genauso viel Spaß wie uns gemacht.

(1)   Kopenhagen wurde mit 26 Punkten vor dem zweitplatzierten Odense überlegen Meister und qualifizierte sich ausserdem als erstes dänisches Team überhaupt für die KO-Runde der Champions League. Der FC Kopenhagen gewann in der Saison 2010-2011 26 von 33 Spielen bei 2 Niederlagen und holte 81 von 99 möglichen Punkten. In der CL schaltete man in der Qualifikation Rosenborg Trondheim aus und wurde anschliessend in der Gruppenrunde hinter dem FC Barcelona und vor Rubin Kazan und Panathinaikos Athen Zweiter, ehe man im Achtelfinale am FC Chelsea scheiterte.

Spielervorstellung: William Kvist – Der Anti Messi

9 Aug

Der schwäbische Königstransfer des Sommers heißt William Kvist, ist Däne, spielt im defensiven Mitteld und soll nach Medienberichten 3,5-4m € gekostet haben.

„In Kopenhagen hat auf dem Platz nur einer geschrieen – und das war ich!“

William Kvist über William Kvist

Schon kurz nach Ende der, vorsichtig formuliert, verkorksten Saison 2010-2011 machte Bobic ein Defizit auf „ der strategischen Sechs“ aus und schon bald war klar, wer der auserkorene Wunschkandidat zur Behebung dieses Defizits sein soll – der in Deutschland bisher wohl eher wenigen bekannte Kapitän des FC Kopenhagen (Anm. der Einfacherheit folgend tlw. FCK abgekürzt), William Kvist. Kvist ist der zweite dieses Jahr beim VfB gehandelte FCK-Spieler und der erste, der dann auch wirklich verpflichtet wurde. Der erste FCK-Kandidat war im Januar der mittlerweile nach Mainz gewechselte tschechische Rechtsverteidiger Zdenek Pospech, weswegen IMO der Gedanke nahe liegt, dass man Kvist seit mehr als einem halben Jahr beobachtet.

Kvist beerbt auf dieser Position den wegen der wunderbaren sportlich€n P€r$p€ktiv€ nach Wolfsburg gewechselten Christian Träsch und dürfte wohl fürs erste dort neben Zdravko Kuzmanovic als eher zerstörender Part der Doppelsechs gesetzt sein. Ernsthafte Alternativen hat es derzeit (Holzhauser ausgeklammert) auf dieser Position auch eher weniger, denn was ein Mamadouh Bah wirklich kann und inwieweit man ihm das BL-Level zutrauen kann weiß u.a. wegen der im Januar-Trainingslager zugezogenen Verletzung, die ihn nach anscheinend toller Vorbereitung de facto die komplette Rückrunde gekostet, keiner und aus seinen wenigen Einsätzen vor der Winterpause kann man in meinen Augen auch eher weniger Schlüsse ziehen, auch wenn er mir bspw. in Odense damals gut gefallen hat. Andere nominelle Alternative auf dieser Position ist Christian Gentner, nur betone ich hier ausdrücklich das Wort nominell, denn die Auftritte von Kuzmanovic und Gentner zusammen als Doppelsechs in der Vorsaison sind mit dem Wort Katastrophe in meinen Augen noch wohlwollend beschrieben. Gentner fehlt für diese Position in meinen Augen die erforderliche Zweikampfhärte bzw. allgemein überhaupt der Wille, auch mal körperlich zu spielen und Zweikämpfe anzunehmen, aber Gentner ist hier eigentlich nicht das Thema und auf ihn bin ich ja in den Kommentaren schon vor ein paar Tagen eingegangen.

Zu Kvist selber kann man bisher logischerweise noch relativ wenig sagen und wird abwarten müssen, wie er sich hier einlebt und wie er die Umstellung hinkriegt, aber wenn ihm dies gelingt, habe ich nicht zuletzt wegen den Aussagen im folgenden Interview ein relativ gutes Gefühl, dass er eben wirklich dieser von Bobic angesprochene „strategische Sechser“ sein könnte, der dem Spiel Struktur und Ordnung gibt und darüber hinaus von seinem Naturell her ein Leader ist. Allerdings dürfte Kvist nicht die dominante Person im Spiel sein, die jedem auffällt. Bisher wirkte er auf mich immer irgendwie etwas anonym, ohne das jetzt positiv oder negativ zu meinen, und er könnte durchaus ein Spieler sein, dessen Wert man nicht auf den ersten Blick und erst nach einer Weile erkennt.

Kurzbiografie

Kvist wurde am 24. Februar 1985 im dänischen Ort Rønde auf Jütland geboren und schloss sich dem lokalen Fussballverein Thorsater Rønde im zarten Alter von 5 Jahren an, ehe er schon 2 Jahre später mit 7 Jahren zum 2004 mit B 1903 zum FC Kopenhagen fusionierten Kjøbenhavns Boldklub (kurz KB) in die dänische Hauptstadt wechselte. Während seiner Zeit bei KB gab er sein Debüt für die dänische U17-Auswahl und kam zu 4 Einsätzen für sein als Gastgeber fungierendes Heimatland bei der U17-EM 2002. Kvist gab sein Profidebüt am 23. April 2005 in einem Spiel gegen den FC Nordsjaelland und schoss am 22. Oktober 2006 bei einem 3-0 Sieg gg. Viborg sein erstes Tor als Profi. Insgesamt bestritt Kvist für den FC Kopenhagen 263 Spiele (13 Tore), wurde dort 5 mal dänischer Meister, einmal dänischer Pokalsieger und 2010 zum dänischen Fussballer des Jahres und Superliga Spieler des Jahres gewählt.

Sein Debüt für das dänische A-Team gab er am 22. August 2007 in einem Freundschaftsspiel gg. die Republik Irland. Bei der WM 2010 stand Kvist im dänischen Kader, blieb allerdings ohne Einsatz. Bisher hat Kvist für Dänemark 20 Länderspiele bestritten, in denen ihm noch kein Tor gelang.

Kvist war in seiner Jugend dänischer Handballmeister, hat Badminton gespielt und sogar 2 Jahre klassischen Tanz trainiert.

In Teil 2 folgt ein Interview mit einem FCK-Fan zu Kvist.

Humildad.

9 Aug

ES MACHT WIEDER SPASS!

ENDLICH.

In den letzten zwei Jahrzehnten war das Motto des VfB ja in aller Regel „Wir können alles, ausser Saisonstart.“ (oder erweitert betrachtet „Hinrunde“,  wobei das eher nur für die letzten Jahre so gilt). Doch dieses Jahr war mal wieder einer der seltenen Momente, in denen eine Spielzeit mit einem sportlichen Erfolgserlebnis begonnen wurde.

Passend zum neuen Ambiente selbstverständlich, denn schließlich wurde ja unser neues, endlich komplettes Wohnzimmer offiziell eingeweiht am vergangenen Samstag – wie ja nun wirklich allerorten ausgiebig berichtet wurde.

Und man muss sagen: Es ist ein schickes Stadion geworden, das dank der Dachkonstruktion definitiv seinen eigenen Charakter behalten hat. Dazu gibt es dann noch so ein paar kleine Eigenheiten, wie die Turnhalle in der UK oder die Fenster zum Spielfeld hin in den Herrentoiletten der CK und natürlich noch weitere Dinge, die man ganz gut durchdacht hat.

Blick von der UK in Richtung neuer Cannstatter Kurve

Blick von der UK in Richtung neuer Cannstatter Kurve

Einen besseren Eindruck vom Stadiongefühl, speziell aus der Cannstatter Kurve bekommt man übrigens bei heinzkamke, der as usual a grandios Blogbeitrag verfasst hat.

Das Wichtigste allerdings ist natürlich das Geschehen auf dem Platz und nicht das Drumherum. Und auch da konnte man sich als VfB-Fan nicht großartig beklagen. Gründe (zu klagen) hätte man durchaus finden können, aber hey, es war der erste Spieltag, da kann noch nicht alles rund laufen. Und nach dem Verlauf der letzten Saison ist ja ein bisschen Demut ohnehin angebracht (zumindest wenn es nach offiziellem Vereinssprech geht…).

Das Spiel begann wie ein Spiel eben so beginnt nach einer Sommerpause, die man nicht als überlegener Deutscher Meister und ohne großen Personaladerlass hinter sich gebracht hat: Etwas hektisch und fahrig, geprägt von Nervosität auf beiden Seiten.

Glücklicherweise war es in diesem Jahr der VfB, der sich als erstes Team von der Debütnervosität hat lösen können und bald zu ersten Chancen kam. Chancen, die teilweise erschreckend kläglich vergeben wurden, oder wie bei der Schwalbe von Gentner unnötig weggeworfen wurden.

Aber wie gesagt: Demut…

Und immerhin: Trotz einigem Geflippere im Mittelfeld hat man sich diese Chancen erspielt (wenn auch teils durch Zufall). Gegen ein Team, das am Samstag seiner namhaften Besetzung zwar nicht ganz gerecht wurde, aber dennoch viel individuelle Qualität besitzt – hat man doch schließlich keinen relevanten Abgang zu verzeichnen, sondern im Gegenteil mit Fuchs und Holtby zwei starke Zugänge.
So kamen dann auch nach knapp einer halben Stunde die Schalker zu ersten Chancen, darunter zwei, die durchaus vielversprechend waren, aber ihr Ziel verfehlten.

Gerade als die Schalker sich etwas besser ins Spiel fanden, kam der VfB dann allerdings zu einer Ecke – und wie schon beim Pokalspiel gegen Wehen Wiesbaden sollten sich auch am Samstag die Standardsituationen wieder als eine unserer schärfsten Waffen im Arsenal erweisen. Auch dieses Mal wieder von Hajnal geschlagen, fand sie den Kopf von Neuzugang Maza, der sich sehr vehement aber fair im Kopfballduell gegen Papadopoulos durchsetzte und den Ball zum freistehenden Cacau bekam, der ihn ins rund 1 Meter entfernte Tor verlängerte. Cacau stand im übrigen auch deshalb so frei, weil er sich von Lewis Holtby davon stehlen konnte, nachdem dieser von Neuer-Nachfolger Fährmann weggestoßen wurde, um selbst mehr Platz zu bekommen.

Bis zum Pausenpfiff war dann weiter der VfB am Drücker und hätte die Führung durchaus höher gestalten können, hätten die Herren Gentner, Harnik, Cacau, etc. nicht weiter so eklatante Abschlussschwächen an den Tag gelegt.

Aber wie gesagt: Demut…

Die zweite Halbzeit begann dann mit einer personellen Änderung auf Schalker Seite, sowie einer gefühlt strategischen Änderung bei unserem Team. Zumindest hatte ich den Eindruck, dass man in Hälfte 2 insgesamt ein ganzes Stück tiefer stand und sich vorwiegend darauf verlagerte Konter zu fahren. Keine risikofreie Strategie, zumal man letzte Saison genau deswegen schon häufiger auf die Fresse fiel.

So ein bisschen erkennt man das auch an den beiden folgenden, komplett überladenen Grafiken. Aber Grafiken sind ja derzeit „in“. Da muss man als Blogger auch mal dem Trend folgen.

Spielgeschehen in Hälfte 1

Spielgeschehen in Hälfte 1

Spielgeschehen in Hälfte 2

Spielgeschehen in Hälfte 2 (Quelle: bundesliga.de)

Aber zum Einen stand am Samstag die Stuttgarter Abwehr ziemlich sicher und ließ wenig zu, zum anderen war aber auch die Schalker Offensive unter dem Strich überraschend harmlos. Zudem gelang es dem VfB recht bald nach Wiederanpfiff die Führung auf ein etwas komfortableres 2:0 zu erhöhen.
Auch hier war wieder eine Standardsituation von Hajnal der Ausgangspunkt, nachdem der Ungar einen Freistoß im Halbfeld schnell auf den sprintenden Molinaro passte, der wiederum maßgenau in den Strafraum flankte und mit Martin Harniks Kopf den passenden Abnehmer fand.

Der Rest des Spiels lässt sich dann relativ leicht erzählen: Schalke drückte auf einen Anschlusstreffer, ohne dabei wirklich druckvoll zu agieren oder gar gefährlich zu sein, während der VfB sich darauf konzentrierte die Bälle halbwegs vom Strafraum wegzuhalten (was meist gelang und ansonsten waren Maza, Tasci oder Ulreich da) und gelegentlich mit einem Konter die gegnerische Defensive ebenso wie das eigene Unvermögen im Abschluss bloß zu stellen.

Aber: Demut… sagte ich schon, oder?

Erst kurz vor Schluss gab es dann noch einmal einen wirklich erwähnenswerten Moment, als Kuzmanovic einen genialen Diagonalpass [=> vgl. Delpierrsche Diagonale, die] auf den kurz zuvor eingewechselten Shinji Okazaki schlug, der erst den hochgelobten Fuchs (der an allen drei Toren eine gewisse Mitschuld trug) aussteigen ließ, bevor er den Ball mit einem wundervollen Strahl ins lange Ecke drosch.

Damit war der Deckel auf einem Spiel drauf, das so in der Nachbetrachtung irgendwie seltsam wirkte. Einerseits war Schalke weder gefühlt, noch von den statistischen Werten so drastisch unterlegen, dass ein 3:0 zwingend war. So gab es für Schalke auf der statistischen Habsenseite zum Beispiel 15 zu 14 Torschüsse , 51,9% gewonnene Zweikämpfe, 51,7% Ballkontakte und drastische 25 zu 4 Flanken zu verzeichnen.

Andererseits sagt eben die reine Quantität der Werte absolut nada über die Qualität der Situationen aus (fragt mal bei den Münchnern nach…) und so hätte sich Schalke gefühlt auch nicht über eine 5:0-Packung beschweren können, wenn man einige Situationen im Hinterkopf hat, wo Stuttgarter frei vor dem Tor standen…

Vor allem in Halbzeit 2 war ja wie erwähnt die Defensive vor allem gefordert.
In erster Linie stand dabei Sven Ulreich im Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit, der in der letztjährigen Hinrunde insgesamt dreimal zu Null spielte, wobei das die beiden absoluten Freakspiele gegen Mönchengladbach (7:0) und Bremen (6:0) beinhaltete. Jetzt startet er direkt mit einem „Shutout“ und bekam durchaus zurecht verbales Lob der Untertürkheimer Kurve in Form von Sprechchören, schließlich waren da ein paar durchaus gute Paraden dabei, die nicht selbstverständlich gehalten werden mussten. Bzw. von denen der eine oder andere Ball vor einem Jahr vermutlich noch reingegangen wäre (um hier mal haltlose Behauptungen aufzustellen, die meine Argumentation scheinbar untermauern, aber doch nix aussagen…).
Insgesamt musste er jedenfalls von den 15 abgegebenen Torschüssen bei 9 eingreifen, auch wenn nicht jeder Schuss/Kopfball wirklich gefährlich war.

Einen ebenso großen Anteil am Zu-Null-Spiel wie Ulreich hatte aber sicherlich auch die im letzten Jahr zurecht oft gescholtene Abwehrreihe an diesem Samstag. Personell gab es im Vergleich zum Quasi-Stammpersonal der Rückrunde dabei trotz all des Buheis in den letzten Wochen effektiv lediglich eine Veränderung: Maza spielte an Stelle des verletzten Niedermeiers in der Innenverteidigung. Seine drei Nebenleute waren allerdings mit Molinaro, Boulahrouz sowie IV-Partner Tasci schon in den ersten Monaten von 2011 regelmäßiger im Einsatz.
Der mexikanische Neuzugang fügte sich direkt mal prächtig ein und zeigte am Samstag deutlich, dass er eine Verstärkung sein kann. Vor allem in der zweiten Halbzeit zeigte er sich mehrfach als „Turm in der Schlacht“ und entschärfte diverse Flanken und Standardsituationen in Strafraumnähe durch Kopfbälle und Befreiungsschläge. Bedenkt man, dass wir  gerade bei Standardsituationen im letzten Jahr häufig schwammen könnte seine Kopfballstärke und auch Ruhe in dieser Hinsicht Gold wert sein. Zudem hatte er mit 68,4% die besten Zweikampfwerte des Teams. Ein Tor bereitete er zudem vor.
Aber auch der oft kritisierte Serdar Tasci spielte am Samstag eine sehr starke Partie und sorgte mit dafür, dass der Strafraum in der Regel in Stuttgarter Hand war und nur selten gefährliche Situationen in Tornähe zustande kamen.

Die beiden Aussenverteidiger Boulahrouz und Molinaro lieferten ebenfalls mindestens solide Leistungen ab, wobei der Italiener natürlich den auffälligeren Auftritt hatte, als er das 2:0 per maßgenauer Flanke vorbereitete. Im Übrigen die einzige Flanke (von nur 4), die ein Stuttgarter zum Mitspieler brachte. Effektivität nennt man das wohl.
Boulahrouz hingegen knüpfte in erster Linie an seine Leistungen der Rückrunde an, was bedeutet, dass er bestätigte eine ordentliche Option für rechts hinten zu sein, mit der wir über die Runden kommen würden – aber eben nur, wenn sich defensiv niemand mehr verletzt oder gesperrt wird. Realistisch ist das nicht…

Wenn man von Defensivverbund spricht, muss selbstverständlich auch die Doppelsechs erwähnt werden, die von Kuzmanovic und Kvist gebildet wurde. Hier stand natürlich vor allem der zweite Neuzugang, William Kvist, im Fokus, der so etwas wie der Königstransfer dieser Sommerpause sein dürfte.
Laut Eigenaussage steht er vor allem dafür, den einfachen Pass zu spielen und nicht zu zaubern. Und tatsächlich hatte ich im Stadion den Eindruck, dass er bei 90% der Aktionen mit dem Rücken zum gegnerischen Tor stand. Das ist statistisch nicht ganz belegbar, allerdings hat er rund die Hälfte seiner Pässe tatsächlich quer oder nach hinten gespielt.

Passübersicht von William Kvist

Passübersicht von William Kvist (Quelle: bundesliga.de)

Trotz des vorwiegenden Sicherheitsdenkens deutete er allerdings auch an, dass er durchaus auch offensiv sinnvoll agieren kann. So gab es ca. in Minute 65 eine Situation, in der Kvist aus der Bedrängnis raus einen Zuckerpass die Linie entlang schlug, den leider Gentner (oder evtl. Harnik) nicht ganz vernünftig verarbeiten konnte, sonst wäre daraus eine exzellente Konterchance entstanden. Mehr zu Kvist wird es in den nächsten Tage in zwei separaten Texten geben.

Wer in der öffentlichen Wahrnehmung hingegen ein wenig zu kurz kam, war sein Nebenmann Kuzmanovic, der am Samstag eine starke Partie ablieferte. Der Serbe zeigte sich extrem passsicher (31 von 35), dazu sehr einsatzfreudig (64,3% gewonnene Zweikämpfe, mit 11,5km die höchste Laufleistung des Teams) und krönte seine Leistung mit dem oben schon erwähnten Zuckerpass auf Okazaki vor dem 3:0.

In der Offensive war wie zu erwarten natürlich einmal mehr Hajnal die Schaltzentrale. Auch wenn er im laufenden Spiel nicht ganz so brillierte, war er sehr aktiv, und glänzte vor allem wieder einmal mit seinen Standardsituationen, die sich in dieser Saison bislang zur echten Waffe entwickeln. 4 der 5 Pflichtspieltore resultierten bislang direkt oder indirekt aus seinen Ecken oder Freistößen!

Auch Harnik knüpfte im Guten, wie im Schlechten an die Leistung im Pokalspiel an: Überaus bemüht, sich immer wieder Chancen erspielend, aber auch sehr unglücklich im Abschluss. Glücklicherweise konnte er dann aber letztlich doch zumindest ein Tor für sich verbuchen, so dass hier zumindest keine Serie entsteht, an der sich Fans und Presse aufhängen könnten. Im Übrigen sein erstes Kopfballtor in 50 Bundesligaspielen.

Ein Kopfballtor erzielte auch die einzige Spitze Cacau. Hier ist es ebenfalls sehr gut, dass er zumindest einen Torerfolg für sich verbuchen konnte, nachdem er im Pokalspiel sehr glücklos und auch ohne Anbindung ans Spiel des restlichen Teams wirkte. Letzteres bestätigte sich am ersten Spieltag nicht wirklich, die Glücklosigkeit im Abschluss setzte sich allerdings teilweise fort. Zumindest bis zur Rückkehr von Schieber hoffe ich, dass er nicht mal wieder in eines seiner berüchtigten Löcher fällt, sondern aus dem Erfolg vom Samstag und vermutlich auch dem Länderspielerlebnis am Mittwoch gegen Brasilien Selbstvertrauen und Spielfreude ziehen kann.

Von den drei Einwechselspielern zog naturgemäß der Torschütze Okazaki die meiste Aufmerksamkeit auf sich – durchaus zurecht, erzielte er doch ein wunderschönes Tor. Er sorgte auch für mein persönliches Bild des Tages, als er lange nach Abpfiff als einer der letzten VfB-Spieler noch auf dem Rasen stand und zur Leinwand hochschaute, wo sein Tor in der Wiederholung gezeigt wurde. Seinen Gesichtsausdruck hätte ich gerne von Nahem gesehen…

Zum dritten Neuzugang, der am Samstag eingesetzt wurde, Ibrahima Traoré vielleicht noch ein kurzes Wort: Vielleicht wird man mir diesen Satz irgendwann mal um die Ohren hauen, aber ich sehe nicht, dass er sich bei uns dauerhaft etablieren wird. Taktisch wirkt er zu naiv, verliert in dummen Dribblings in der eigenen Hälfte den Ball und ist zudem alles andere als robust im Zweikampf (auch wenn er mich einmal positiv überraschte, als er einen Schalker Spieler blockte).

Aber wir werden sehen. Wichtig ist erst einmal, um zum Beginn zurückzukehren, dass der VfB wieder Spaß macht! Die Kritik kann erst einmal hintenangestellt werden, sofern die Mannschaft auf den bislang gezeigten Leistungen aufbauen kann.

Und ohnehin hat man sich als VfB-Fan schließlich in Demut zu üben, daher erwarten wir für kommenden Samstag mal nicht allzu viel. Schließlich geht es gegen die Bayernbezwinger vom Niederrhein, die am Sonntag einen beeindruckenden Defensivbeton angerührt haben. Ich bin gespannt, wie der VfB mit einer solchen Mannschaft umgehen kann, die Qualität der Standards gibt auf jeden Fall Hoffnung.

Und wenn ich dann daran denke, in welchem psychischen Zustand ich mich bei der letzten Begegnung beider Teams im vergangenen Februar befand, dann fällt es tatsächlich nicht schwer, Demut an den Tag zu legen…

PS: Tabellenführung, bitches!