Da geht man einmal kurz ins Stadion zur Beobachtung der Konkurrenz (Köln vs. Bremen – Kurzfazit: Es spielen auch noch andere Mannschaften schlechten Fußball…) und schon hat der eigene Verein einen neuen Trainer.
Dass dieser neue Trainer Christian Gross heißt, bewerte ich persönlich -um die Katze direkt mal aus dem Sack zu lassen- erst einmal positiv. Es war, von den gehandelten Kandidaten eigentlich die logischste Option, mit Ausnahme von Marcel Koller – allerdings erwähnte Erwin Staudt im Anschluss an die PK des heutigen Abends, dass ein Kriterium war, einen Trainer zu holen, der noch nicht für die Bundesliga „verbrannt“ ist, sondern ein frisches, hungriges Gesicht.
Gut, im Zusammenhang von Gross‘ Gesicht mit frisch zu sprechen ist vielleicht nicht die glücklichste Formulierung, aber der Gedankengang dahinter ist schon nachvollziehbar. Mit einem Trainer wie Koller hätte man sich beispielsweise einen Trainer geholt, der schon ein wenig das Image des „Kleinvereintrainers“ in Deutschland hat mit Köln und Bochum. Für das Umfeld wäre das vermutlich nicht das richtige Signal gewesen, wie es jetzt ein Trainer ist, der Erfahrungen in Champions League und Premier League (wenn auch nur relativ kurz und gegen den Abstieg bei Tottenham) aufweisen kann.
Weiters wurden noch einige Kandidaten genannt, die sich hauptsächlich aus Ex-VfB-Spielern rekrutierten, wie z.B. Franco Foda, das Duo Bobic/Balakow oder auch der unvermeidliche Buchwald, der sich mittlerweile selbst zu einem schwäbischen Matthäus disqualifiziert hat. All diese Kandidaten haben aber in meinen Augen vor allem eines gemeinsam: Ihnen fehlt es doch noch zu sehr an Erfahrung im Trainergeschäft und damit wären sie, meines Erachtens, zu nah am Profil des jungen Trainers Babbel.
Was hingegen benötigt wird in der derzeitigen Situation ist ein Trainer, der ein gewisses Maß an Autorität verstrahlen kann und die Mannschaft mit entsprechender Härte wieder auf Kurs bringt – denn die Spieler bringen derzeit leider einfach nicht die Leistung, die sie abrufen könnten. Und dieses Profil bringt Christian Gross dem Vernehmen nach wohl mit und ist daher auch aus diesem Grund anscheinend eine gute Wahl.
Was man aber natürlich dazu sagen muss, ist der Aspekt, dass neue Trainer, vor allem wenn sie verhältnismäßig unbeschriebene Blätter wie Gross in Deutschland sind, in erster Linie mal „Projektionsflächen“ für die Hoffnungen, Wünsche und Sehnsüchte sind, da sie eben so unbelastet sind.
Schauen wir mal, ob er dies auch erfüllen kann.
Zu diskutieren gilt es natürlich die Umstände, die zur Entlassung Babbels geführt haben, und damit auch das Wirken der Vereinsführung.
Dass die heftigen Proteste vor, nach und teilweise auch während des Duells gegen Bochum zu einem derart schnellen Einknicken der Vereinsführung in der Trainerfrage geführt haben, war schon ein wenig erschreckend und ist mit einem bitteren Beigeschmack versehen, wenn man die Aussagen von letzter Woche im Hinterkopf hat („Jobgarantie für Babbel bis zur Winterpause“). Dieser Aspekt wird sehr kritisch beim Kollegen Kamke kommentiert.
Sehr kritisch finde ich persönlich auch die deutliche, teils harsche Art und Weise, mit der nicht nur Babbel, sondern auch der jetzt noch aktive Vorstand, die Vorkommnisse des gestrigen Nachmittags und Abends kommentiert haben. Natürlich war das Verhalten, von dem was man hier aus dem Kölner Exil so mitbekommen hat, teilweise alles andere als astrein, und ich habe ja selbst meine Meinung dazu kundgetan, dass mangelnde Unterstützung während eines so wichtigen Spiels eigentlich herzlich dämlich ist. Dennoch hätte man heute abend nicht so zentral und so schwerpunktmäßig in der Pressekonferenz auf die Fans einschlagen dürfen, denn der Frust bei uns Fans ist nun mal lange Zeit gegoren und das Team hat lange Unterstützung bekommen. Ein oder zwei Sätze zum Thema von Babbel hätten es meines Erachtens auch getan.
Zu guter Letzt, auch wenn es eigentlich einen eigenen Thread verdient gehabt hätte, gilt es sicher noch die Personalie Heldt zu diskutieren. Ich finde es ehrlich gesagt überraschend, dass er auch diesen Trainerwechsel überlebt hat, da doch für viele das Schicksal Heldts eng mit dem von Babbel verbunden zu sein schien.
Zudem ist Heldt unter den VfB-Fans mehr als umstritten und viele kreiden ihm Transfers wie die von Bastürk, Simak und natürlich vor allem Marica an. Aber auch vereinsintern sah es nicht unbedingt so aus, als ob er eindeutig fest im Sattel sitzen würde, wie nicht zuletzt die relativ lange Hängepartie ums Aufrücken in den Vorstand zeigte, die dann letztlich in dieser Sommerpause mit der Nominierung Heldts als Vorstand Sport beendet wurde.
Ich hätte, im Sinne eines umfassenden und eindeutigen Schnitts eine Entlassung Heldts wohl auch befürwortet, da das vermutlich die beste Möglichkeit gewesen wäre, um einen klaren Reboot zu starten. Mit dem schlechten Standing Heldts in vielen Teilen der Fans und auch in Hinblick auf die Tatsache, dass man mit Gross (scheinbar) so schnell klar war, wäre das jetzt eine halbwegs gute Gelegenheit gewesen, um weiteren Ballast loszuwerden und dennoch bis auf weiteres handlungsfähig zu bleiben. Heldt würde ich momentan als eine Art „lame duck“ bezeichnen, der es äusserst schwer haben wird, sich bald ein positives Standing zurückzuerarbeiten. Im Grunde müssen alle seine Winterpausentransfers und auch die Verpflichtungen, die er dann im kommenden Sommer tätigen wird (sollte er dann noch da sein) absolute Volltreffer sein. Weitere teure Flops wie Marica oder möglicherweise Pogrebnyak (der in der Rückrunde noch Chancen hat, das Gegenteil zu beweisen) kann er sich keinesfalls mehr leisten.
Jetzt gilt es aber erst einmal den Blick auf das Tagesgeschäft zu werfen, schließlich steht am Mittwoch beim Einstand von Gross direkt mal das vermutlich wichtigste Spiel der Saison an mit dem „Finale“ gegen Urziceni. Es wird spannend sein, zu sehen, welche Spieler und welches System gespielt wird, vor allem aber mit welcher Einstellung die Mannschaft auftreten wird. Ich kann nur hoffen, dass der Wechsel zu Gross auf die Mannschaft einen ähnlich befreienden Effekt haben wird, wie es vor gut einem Jahr der Wechsel von Veh zu Babbel hatte. Enorm wichtig wäre es.
Zu guter Letzt gilt es natürlich noch Markus Babbel zu danken, für eine geniale Rückrunde und für insgesamt tolle fünf Jahre beim VfB. Ich wünsche ihm sehr viel Glück und Erfolg beim Bestehen der Trainerprüfung, und dann hoffentlich eine baldige Stelle als Trainer im Profibereich.
Achja, Rolf Fringer ist Österreicher, nicht Schweizer. Das nur mal so am Rande. Tja, war wohl nix mit dem Klugscheissen. Fringer hat beide Nationalitäten.
Schlagwörter: Christian Gross, Erwin Staudt, FC Basel, Horst Heldt, Markus Babbel, VfB Stuttgart
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