Nun ist es endlich offiziell, was die Spatzen schon seit Wochen von spanischen und deutschen Dächern gepfiffen haben: Sami Khedira wechselt mit sofortiger Wirkung vom provinziellen VfB Stuttgart in die große, weite Fußballwelt zum glorreichen Real Madrid, dem Champions League Achtelfinal-Dauerabonnent.
Okay, das war jetzt etwas sehr spitzzüngig, denn trotz der anhaltenden Endrundenflaute der Königlichen in der Champions League ist der spanische Hauptstadtclub natürlich nach wie vor eine der Topadressen im europäischen Vereinsfußball.
Gemeinhin wird jetzt von vielen gesagt: Der Schritt kommt zu früh für diesen jungen Spieler. Er wäre besser noch beim VfB geblieben, da die Gefahr jetzt doch zu groß sei, dass er scheitern würde und sich nicht bei Madrid durchsetzen kann.
Natürlich, diese Gefahr besteht. Die besteht aber auch noch in ein, zwei oder mehr Jahren, wenn er entsprechend länger beim VfB gespielt hätte.
Die Chance, dank der Aufmerksamkeit, die die WM generiert hat, jetzt zu einem solchen nominellen Topclub zu wechseln ist aber einfach zu groß, als dass man sie jetzt nicht nutzen sollte. Denn, wenn man ehrlich ist, wird die Möglichkeit in Zukunft vermutlich eher wieder kleiner werden, dass er noch mal ein Angebot von Real Madrid bekommen wird, da es nun mal nicht klar ist, ob Madrid auch im nächsten Jahr wieder interessiert wäre oder dass er in zwei Jahren bei der EM sich wieder derart ins Rampenlicht spielen kann. Ein kleiner Muskelfaserriss im Juni 2012 und schon wäre das wieder hinfällig.
Dementsprechend finde ich, dass es aus Khediras Sicht der absolut richtige Schritt ist, jetzt zu Madrid zu wechseln. Schließlich hat er jetzt nicht nur das weltweite Interesse auf seiner Seite, was ihm bei den Gehaltsverhandlungen sicherlich zugute kam, sondern er hat zudem auch mit Mourinho einen Trainer (und was für einen), der ihn dort haben will. Darüber hinaus herrscht bei Madrid zwar eine starke, aber eben keine übermächtige Konkurrenzsituation auf seiner Position. Klar, Xabi Alonso ist dort so gesetzt, wie es gesetzter sicherlich nicht geht. Aber die Position neben dem Spanier dürfte für ihn erreichbar sein, da mit Gago und Co Spieler dort vorhanden sind, mit denen Khedira sich sicherlich messen kann.
Auch für den Verein ist das vermutlich die beste Lösung, wenn die 12-14 Mio Ablöse, die in der Presse kolportiert werden, stimmen. Eine Vertragsverlängerung stand bei den Ambitionen Khediras höchstwahrscheinlich ohnehin nicht zur Debatte, so dass ein zweistelliger Millionenbetrag zum jetzigen Zeitpunkt bei noch einem Jahr Restvertragslaufzeit sicherlich nahezu optimal war.
Sportlich ist man auf Khediras Position schließlich ausreichend aufgestellt mit den nur geringfügig minder talentierten Träsch, Kuzmanovic und Gentner.
Die größere Frage ist nun wer das Vakuum ausfüllen kann, dass nun in Sachen Leaderrolle nach dem Wechsel Khediras in der Teamhierarchie bleibt. Ich bin aber recht optimistisch, dass das jetzige Personal das auffangen kann. Schließlich haben alle drei 6er-Kandidaten hier schon positive Eindrücke hinterlassen.
Ein interessanter Fingerzeig war allerdings gestern im EL-Qualispiel die Berufung von Timo Gebhart zum Kapitän – das hätte ich so nicht erwartet, aber mag wohl auch ein Indiz dafür gewesen sein, dass Gross dem gerne mal etwas zu verspielten Mittelfeldakteur einen Stammplatz in der kommenden Saison zugedacht hat. Gestern hat er dieses Vertrauen auf jeden Fall gerechtfertigt und war für mich bester Mann beim VfB, da beinahe jede Offensivaktion über ihn lief.
Nichtsdestotrotz werden die 12-14 Millionen Euro in Kürze reinvestiert werden und das aller Voraussicht nach vorwiegend auf den Außenpositionen im Mittelfeld. Ich bin gespannt, wer von den gehandelten Kandidaten Traoré, Ayew und Dszudszak den Weg zum VfB machen wird.
Die Personalie Degen wurde hier ja schon mal kurz diskutiert und ich halte sie nach wie vor nicht für absolut notwendig, zumal Celozzi auch gestern wieder einen ganz guten Eindruck hinterließ. Aber gut, wenn es tatsächlich nur ein Leihgeschäft werden sollte, könnte ich damit wohl leben.
Achja, einen weiteren Pluspunkt gibt es auch noch für den Transfer von Khedira zu Real Madrid: Er geht nicht zu den Bayern. Das hätte ich meinem Lieblingsspieler wirklich nur schwer verzeihen können.
Umso schlimmer natürlich, dass mit Träsch jetzt schon direkt der nächste Spieler von der Bild mit den Bayern in Verbindung gebracht wird…
Sami wünsche ich auf jeden Fall alles Gute und viel Erfolg bei den Königlichen. Es würde mich wirklich sehr freuen, wenn sich ein VfB-Spieler mal wieder international im großen Stil durchsetzen könnte! Vielleicht sehen wir ihn in 10 Jahren dann ja mal wieder im Trikot mit dem Brustring zum Ausklang einer großen Karriere…
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