Archiv | Oktober, 2010

Lobbyarbeit

17 Okt

Wer hier halbwegs regelmäßig mitliest wird sicherlich schon mitbekommen haben, dass ausführliches Schiedsrichter-Bashing hier in der Regel kein Forum findet. In erster Linie hat das natürlich damit zu tun, dass ich selbst mal einige Jahre lang Schiedsrichter war und dementsprechend einschätzen kann, wie schwierig gewisse Situationen zu entscheiden sind, besonders wenn es sich um Abseitsentscheidungen handelt, wo die Linienrichter eben nicht die Zeitlupen des Fernsehzuschauers zur Verfügung haben, sondern gleichzeitig das Abspiel, sowie die in der Regel gegenläufigen Bewegungen der Verteidiger und der Angreifer im Auge behalten muss (von sonstigen Geschehnissen wie möglichen Fouls mal ganz abgesehen).

Dieses Verständnis stößt allerdings natürlich an gewisse Grenzen, wenn man als Fan mit ansehen muss, dass Fehlentscheidungen zu neuralgischen Zeitpunkten eines Spiels das Endergebnis vermutlich maßgeblich beeinflussen. Zumal sich der eigene Verein derzeit in einer mehr als misslischen Tabellenlage befindet und ein entsprechend anderes Resultat erst einmal erheblich zur Verbesserung der allgemeinen Stimmungslage und auch erst einmal der Tabellenlage geführt hätte.

Nun ist natürlich alle Theorie grau und das was-wäre-wenn-Spiel doch eher müßig, schließlich soll man ja nicht über vergossene Milch weinen. Aber einen sehr unangenehmen Beigeschmack, ein Geschmäckle, hat das ganze dann eben doch in meinen Augen, wenn man bedenkt, wie im Vorfeld des Spiels Trainer/Manager Magath über die Presse seine Meinung über die gemeine Benachteiligung Schalkes durch die deutsche Schiedsrichtergilde lautstark kund tat.

Ob das nun in direktem Zusammenhang zu sehen ist, dass es erst diese Äußerungen mit einigermaßen großem medialen Echo gab und dann ein reguläres Tor von Stuttgart, das abgepfiffen wurde sowie einen Elfmeter, den man nicht hätte geben dürfen, weil der Gefoulte selbst im Abseits stand? Oder ob es doch eher reine Koinzidenz war? Beantworten wird man das selbstverständlich letzten Endes nicht, so dass ich hier nicht mehr als den verschrobenen und zu belächelnden Verschwörungstheoretiker geben kann.

Schließlich kann man bei den beiden fragwürdigen Entscheidungen immer noch einwenden, dass sie eben nur höllisch schwer erkennbar waren. So war ich selbst beim vermeintlichen 2:0 im Stadion verdammt sicher, dass es klar Abseits war und auch die Abseitsstellung von Metzelder vor dem Elfmeter habe ich nicht gesehen (was aber auch daran lag, dass ich das Foul selbst nicht gesehen habe, da es quasi abseits des Spielgeschehens stattfand – wobei sich der Assistent, der in diesem Fall das Foul anzeigte, schon sicher sein sollte, dass so ein Foul dann auch ein wirkliches Foul ist…)

Was ich aber als wirklich starkes Indiz dafür werte, dass Magath mit seinen Ablenkungsmanövern in Sachen Schiedsrichterschelte zumindest intern auf sehr fruchtbaren Boden traf, war die in meinen Augen absolut irrwitzige Tatsache, dass das Schiedsrichtertrio nach den ersten 45 Minuten (in denen es eben das eigentlich reguläre Tor des VfB gab) mit gellenden Pfiffen und „Schieber, Schieber“-Rufen in die Kabine begleitet wurden, obwohl zuvor nun wirklich rein gar nichts dramatisches zu Ungunsten der Königsblauen vorgefallen war.

Das spricht dann schon durchaus Bände…

Dass ich nicht weiter auf das Spiel eingehe, schiebe ich jetzt erstmal auf meine immer noch verletzte Hand (die tut nach rund 550 Wörtern doch etwas schmerzen). Ich werde das allerdings morgen oder so an anderer Stelle (sprich: bei spox – EDIT: hier klicken) nachholen. Zu sagen gibt es schließlich durchaus noch ein paar Dinge, die sich mehr auf den sportlichen Aspekt beziehen. Im grünen Bereich war das schließlich bei weitem noch nicht, auch wenn wir eben unter normalen Umständen das Spiel mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit gewonnen hätten.

Ein Traum

13 Okt

Ich habe einen Traum, dass eines Tages ein Trainer beim VfB wieder länger als 13 Monate am Stück arbeiten kann und Konstanz am Cannstatter Wasen einkehrt.

Ich habe einen Traum, dass eines Tages die Spieler sich vom Beginn einer Saison an zusammenreissen und für den Verein reinhauen.

Ich habe einen Traum, dass eines Tages die Transferpolitik des Vereins aus mehr Treffern als Nieten bestehen wird und man ein ausführliches Scouting den Einkäufen zugrunde legt.

Ich habe einen Traum, dass eines Tages der VfB Stuttgart von professionellen Menschen mit Fußballverstand geleitet wird.

Ich habe einen Traum, dass eines Tages der Vorstand nicht nur von persönlichen Interessengrüppchen geführt wird und wirtschaftliche Vernunft nicht zwangsläufig mit rigiden Sparzwängen verbunden sein muss.

Ich habe einen Traum, dass eines Tages der VfB über Jahre hinweg Erfolg hat, ohne dass man als Fan Jahr für Jahr eine Achterbahn der Gefühle durchstehen muss.

Ich habe einen Traum, heute!

 

———————–

 

Die ausführlichere Reaktion von heinzkamke.

Gesammelte Reaktionen von VfB- und anderen Fans bei spox.com.

Tschubby-Tschubby

1 Okt

Bitte was? Gut, da sollte ich wohl etwas weiter ausholen…..ist noch gar nicht so lange her, da musste ich diesen Begriff ständig hören. Mein damaliger Coach benutze ihn geradezu inflationär. Es war sein ganz persönliches Synonym für „HackeSpitze123“ oder besser gesagt „Schönspielerei“. Mit dieser nämlich, so seine Meinung, gewänne man keinen Blumentopf. So weit, so korrekt.  Auch wir hatten damals eine Mannschaft, die man ganz gut mit dem VfB dieser Tage vergleichen konnte. Der Kader war ausgewogen und gut zusammengestellt, die Mischung aus jung und alt passte und wir waren in der Lage, einen gepflegten Ball zu spielen. Doch sehr zum Leidwesen unseres Coaches verließen wir uns zu oft eben genau darauf. Vernachlässigten Grundsätzliches, wie hohe Einsatz-und Laufbereitschaft, Zweikampfhärte, taktische Disziplin. Und verloren. Verloren Spiele gegen Gegner, die wir noch eine Saison zuvor vom Allerfeinsten zerlegt hatten. Und der Trainer tobte…..“Hört endlich auf mit Tschubby-Tschubby, verdammt nochmal!“ – die Kabinenwände wackelten, ich denke, das muss ich nicht weiter ausführen.  Nun denn – es kam der Tag, an dem der Schalter umgelegt wurde.

Auch beim Verein für Schönspielerei Bewegungsspiele  1893 e. V. scheint dieser Tage etwas Ähnliches passiert zu sein. Keine Ahnung was da am Montag gesprochen wurde oder ob der Koch im Vivaldi noch etwas von Alberto Contadors Fleischlieferung übrig hatte – der Mannschaftsabend scheint gefruchtet zu haben. Wenn Mauro Camoranesi plötzlich seine Position hält und in 90 Minuten nicht einmal den Ball mit der Hacke spielt; wenn Christian Molinaro trotz bösem Tritt auf die Zähne beißt und sich ohne zu Murren für die Truppe reinhaut; wenn Christian Gentner auf dem Flügel sein mMn bisher bestes Spiel seit seiner Rückkehr aus der Autostadt macht; wenn Cacau endlich mal gegenüber dem Unparteiischen und seinen Mitspielern die Schnauze hält und versucht sein Spiel zu spielen; wenn Ciprian Marica einem vertändelten Ball hinterher wetzt und ihn sich in der eigenen Hälfte wieder zurückholt; wenn Neuzugänge bei ihrer Premiere aufspielen, als wären sie schon immer da gewesen; wenn die ganze Mannschaft mit dem Siegtorschützen an der Seitenline jubelt – dann darf man mit Fug und Recht behaupten, dass es „Klick“ gemacht zu haben scheint.

Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey!

Der VfB festigte gestern die Tabellenführung in der Europa League, er baute sie dank der Berner Schützenhilfe sogar aus. Sicher, das ist immer eine Momentaufnahme und ja, der Gegner war nicht der Stärkste – aber das zählt heute alles nicht. Denn die hochbezahlten Kicker haben sich – imho erstmals in dieser Saison – auf das Wesentliche beschränkt/konzentriert. Unter hohem Druck, wohlgemerkt. Solide Hausmannskost, wenn man so will. Die Positionen wurden gehalten, jeder hat sich auf seine Aufgabe konzentriert und beschränkt, Wille, Biss, Teamgeist  – all das wurde abgerufen.  Klar, ein kleiner Wackler war dabei, als man sich nach einem Einwurf wie eine Schülermannschaft hat überrumpeln lassen und den Ausgleich hinnehmen musste. Liegt momentan einfach drin, muss man so hinnehmen. Aber die Moral stimmte und schlussendlich hat man das Spiel hochverdient gewonnen. Wenn (ja, ich weiß, der gute alte Konjunktiv) es die Mannschaft nun endlich schafft, dies alles Spiel für Spiel auf den Platz zu bringen, dann wird es peu á peu aufwärts gehen. Man wird nicht vor Rückschlägen gefeit sein, das kann und vor allem darf man nicht erwarten. Aber diese werden die Mannschaft nicht mehr aus der Bahn werfen.

Vor einige Wochen schrieb ich in einem Forum, Frankfurt werde die Initialzündung. Der eigentliche Saisonstart. Gestern (so hoffe ich, sonst muss ich [erneut] zu Kreuze kriechen) wurde ich eines Besseren belehrt.

El Pibe