Die gleiche Scheisse wie jede Woche

10 Dez

Dem VfB zuzuschauen ist diese Saison wirklich ein Kreuz. (Halbe) Woche für (halbe) Woche spielt sich das gleiche Geschehen auf den Fußballplätzen in Deutschland und europaweit ab, wenn die Mannen mit dem Brustring mit am Ball sind. Erst startet der VfB Stuttgart gut in die Begegnung und hat innerhalb der ersten 20-25 Minuten alles im Griff und mal 2-3, mal 6-8 gute bis sehr gute Torchancen, von denen nur leider keine reingeht. Nach und nach beginnt dann das Spiel so allmählich aus den Händen zu gleiten, so das irgendwann zwischen 10 Minuten vor und 10 Minuten nach der Pause mit einer der ersten Chance der Gegner zum Torerfolg gelangt, gerne auch mal begünstigt durch einen kapitalen Fehler eines Stuttgarter Abwehrspielers. In der Folge zeigt sich der VfB dann erst mal geschockt, bevor er sich dann in den letzten 15, 20 Minuten wieder etwas berappelt und wieder zu einigen Chancen kommt, von denen dann gerne auch noch mal ein Ding an den Pfosten oder die Latte geht, oder sonstige lustige Sachen.

Und auch heute im entscheidenden Champions League Gruppenspiel ging es wieder genauso vonstatten. Der VfB legt los wie die Feuerwehr und hat in den ersten 15 Minuten gleich vier hochkarätige Chancen. Erst bekommt der Vollflop Marica aus rund 5 Metern in der 5. Minute seinen Kopfball nach schöner Flanke von Khedira nicht im rumänischen Kasten unter. Dann wird der Distanzschuss von Träsch noch eben so durch einen Abwehrspieler abgefälscht, dass er links an den Pfosten klatscht. Und in der 11. Minute wird dann unser neuer Stürmerflop Pogrebnyak toll von Khedira eingesetzt, tankt sich wie schon sonst recht häufig sehenswert durch die gegnerische Abwehr, aber wie eben auch sonst so häufig scheitert er dann wieder mal am Abschluss und versucht den Ball durch die Beine des Torwarts zu spielen, der aber diesen durchsichtigen Versuch schnell vereiteln kann. Und auch die weiteren Schussversuche in der 14. und 19. verpassen jeweils ihr Ziel, bevor es dann wieder unvermeidlich abwärts geht und die Rumänen etwas mehr Luft für ihr Spiel bekommen. Und wie es dann eben immer ist, direkt nach der Halbzeitpause die erste Chance für die Rumänen, Boka begeht einen haarsträubenden Fehler und kann Semedo nicht halten, der dann leichtes Spiel hat an Lehmann vorbei einzunetzen. Wie üblich verflacht dann erstmal die Begegnung, bevor dann rund um die 60. Minute die unvermeidlichen zwei Pseudoeinwechslungen in Mittelfeld und Sturm kommen, um zumindest noch was zu retten. Aber die beste Chance geht dann rund 20 Minuten vor Schluss von Gebhart mit einem gefühlvollen Schlenzer nur an das Lattenkreuz und auch Cacau hat bei seinen beiden Versuchen kurz vor dem Abpfiff kein Glück, so dass die Begegnung endet wie fast immer in dieser Saison.

Naja, okay, einen klitzekleinen Unterschied gab es dann heute eben doch. Die erste Torchance wurde direkt verwertet von Marica (Marica!). Die zweite zudem auch von Träsch. Und zu allem Überfluss wurde sogar auch noch die dritte Torchance von Pogrebnyak (Pogrebnyak!) eingenetzt.

Ich mein, es ist wirklich unfassbar absurd. Du schmeisst den Trainer raus, holst nen Neuen und es ändert sich quasi nix, ausser dass dieses kleine, beschissene Quäntchen Glück, das Dir wochen-, nein monatelang abging, plötzlich so mir nichts, dir nichts einfach mal wieder da ist. Klar, insgesamt war einfach mehr Selbstvertrauen, mehr Drive und Leidenschaft im ganzen Spiel, aber ob man das allein auf den Trainerwechsel führen kann oder darauf, dass eben die ersten drei Torschüsse allesamt IM gegnerischen Kasten landeten, kann man eben nicht genau festhalten.

Natürlich freue mich sehr, dass wir gewonnen haben, das Achtelfinale der Champions League erreicht und die Mannschaft endlich mal wieder ansehnlichen Tempofussball gespielt hat und eine Partie weitestgehend unter Kontrolle hatte. Aber es bleibt doch auch irgendwie ein bitterer Beigeschmack an der ganzen Sache.
Klar, das Spiel heute hatte nix mit der Bundesliga zu tun, aber so wie man heute aufgetreten ist, denke ich, dass eine Trendwende in der Liga definitiv in erreichbarer Nähe ist. Doch das alles lässt mich auch ein wenig nachdenklich zurück, wenn man darüber nachdenkt, dass zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres ein zuvor erfolgreich mit der Mannschaft arbeitender Trainer rausgeschmissen werden musste, damit eben jenes nahezu identische Spielermaterial wieder kämpfen, beissen, kratzen, laufen und verdammt nochmal Fußball spielen. Das kann doch eigentlich nicht sein.

Nun ja, in ein paar Wochen hat sich dieses Gefühl vielleicht wieder gelegt und ich kann der Mannschaft wieder unbelastet zujubeln. Jetzt aber bin ich doch insgesamt ein wenig irritiert.

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6 Antworten zu “Die gleiche Scheisse wie jede Woche”

  1. Tobi Kiefer Dezember 10, 2009 um 3:03 am #

    Alter Schwede, Hirngabel, herzlichen Glückwunsch zu diesem Text.

    Was soll ich sagen? Genau diese Fragen haben mein Cousin und ich uns auch gestellt.
    Ich war im Stadion – und dachte nach 15 Minuten ich hätte mich ins falsche Stadion verirrt.

    Plötzlich wird wieder gerannt, zweigekämpft, schnörkellos nach vorne gespielt, usw und so fort. Was man sich eben so alles von einer PROFI-Fußballmannschaft wünscht.

    Das alles, drei Tage nach einem weiteren Offenbarungseid.

    Ach ja, was ich sehr bemerkenswert fand: DREI Tore ins Baustellentor!!! Waren die ersten, oder? Und, es haben ZWEI Stürmer ein Tor erzielt. Hätte nicht gedacht, so etwas dieses Jahr noch zu erleben.

    Das paradoxe ist, so sehr ich mich über den Sieg, die Art und Weise und den Einzug ins Achtelfinale freue, kotzt es mich tierisch an, dass drei Tage nach dem Trainerwechsel plötzlich alles, was vorher verloren gegangen schien (Glück, Laufbereitschaft, Leidenschaft) wieder da zu sein scheint. Wenn das jetzt so bleiben sollte, was man sich als VfB Fan ja wünscht, muss man dann davon ausgehen, dass die Truppe, der wir Woche für Woche die Daumen drücken, nicht gerade wenig unserer kostbaren Zeit widmen,…, ein verdammt charakterloser Haufen ist?

    Wie gesagt – paradox.

    Abgesehen davon, ist es ein unbeschreibliches Gefühl endlich wieder einen Heimsieg im Stadion gesehen zu haben. Das Freiburg-Spiel ist schon so verdammt lange her. 😉

  2. Tobi Kiefer Dezember 10, 2009 um 3:11 am #

    Ganz vergessen:

    Interessant fand ich die beiden Stellungnahmen von Verein und
    Commando Canstatt.

    Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte.

  3. hirngabel Dezember 10, 2009 um 11:54 am #

    Jap, „Paradox“ ist das Wort, das es momentan sehr gut trifft. Ehrlich gesagt, ich bin mittlerweile, nach einer Nacht Schlaf, in der Tat sogar ein bisschen sauer auf die Mannschaft. Es kann doch einfach nicht sein, dass einfach so alles weg war zu Beginn dieser Saison (UND zu Beginn letzter Saison!) und dann innerhalb von 3,5 Tagen es plötzlich wieder alles so fluppt.

    Wie im Ausgangstext schon geschrieben, man muss das sicherlich mit einer Einschränkung versehen: Es war eben diesmal das Glücksmoment dabei, dass sicherlich ein neuer Trainer bewirken kann, weil einfach ein neuer Impuls in eine bestehende Suppe reinkam. Von daher war es halt ein einfaches Spiel nachdem direkt der erste Torschuss reingegangen ist (und der zweite und der dritte ebenso).
    Das wollte ich ja eben auch mit meinem Text ausdrücken: Es war nicht notwendigerweise ein „neuer“ VfB, sondern einfach ein VfB-Team, dass dieses Mal die Sahne hatte einen offensiven Start eben nicht wirkungslos verpuffen zu lassen. *Wären* die ersten Dinger wieder nicht rein gegangen (ich weiss, es ist müßig, Konjunktive zu diskutieren), hätte es sehr gut sein können, dass es selbst unter dem neuen Trainer plötzlich wieder genauso weitergeht und das Spiel nach hinten raus kippt. Ich habe es ja auch oft genug unter Babbel hier angemerkt: Wenn wir das Tor früh machen, dann stehen die Chancen eigentlich grundsätzlich immer sehr gut, dass wir das Spiel dann auch über die Bühne bringen (siehe Frankfurt, siehe Glasgow) – nur das ist eben viel zu selten passiert.

    Ach, naja, ich weiss ja auch nicht so recht, wie ich meine Fan-Gefühlswelt gerade einordnen soll. Es ist jedenfalls ein doofes Gefühl und ich will die Mannschaft definitiv nicht so einfach vom Haken lassen. Ich fände es cool, wenn am Samstag die Fans „Wieso nicht gleich so?“-Plakate mit ins Stadion nach Mainz nehmen würden!

    RE: Bochum-Proteste
    Ich kann es nicht beurteilen aus meiner Distanzposition, aber ich denke auch, dass die Wahrheit vermutlich in der Mitte liegt. Ganz so harmlos wie von CC geschildert war die Busbelagerung sicherlich nicht (ganz davon ab, dass es vor dem Spiel einfach blödsinnig ist), aber sie haben recht, dass es mehr als unglücklich ist, vom Verein die eigenen Fans kollektiv an den Pranger zu stellen und die Schuld in die Schuhe zu schieben, nachdem wochenlang der Support wirklich stark war trotz Krise.

    Lassen wir es einfach dabei bewenden: Beide Seiten haben zuletzt keine gute Figur abgegeben und Idioten, die Gewaltdrohungen ausstoßen bzw. tatsächlich randalieren gehören nicht nur bestraft, sondern auch fangruppenintern eigentlich „geächtet“.

  4. heinzkamke Dezember 10, 2009 um 2:35 pm #

    Schöner Text, hab gestern abend kurz mit einem sehr ähnlichen Ansatz geliebäugelt 😉

    Ich bin schon sehr gespannt, was am Sonntag in Mainz passiert. Wer spielt, wie das System aussieht (auch wenn ich da ggf. größere Veränderungen anch der Winterpause erwarte), wie die Mannscahft gegen eine echte Abwehr agiert (hat Mainz eine solche?), etc…

    Wurde gestern eigentlich im Fernsehen thematisiert, dass die Mannschaft zunächst gar nicht und dann nur halbherzig in die Kurve ging? Ich kenne die Hintergründe nicht, hätte aber durchaus Verständnis für bewusste Zurückhaltung.

  5. hirngabel Dezember 10, 2009 um 3:27 pm #

    Ich hatte fast schon sowas befürchtet, deswegen habe ich dafür gesorgt, dass der Text so schnell wie möglich gestern abend noch online ging. =)
    Aber ich mein: Es lag ja doch auch irgendwie auf der Hand. Vor allem, wo „die Presse“ jetzt eh wieder überall die gleiche Leier vom „neuen VfB“ und dem „befreiten Aufspielen“ anstimmt. Da muss man dann als regelmäßiger Beobachter denke ich schon etwas dagegen setzen.

    Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, ob das in der Nachberichterstattung thematisiert wurde. Ich habe das Spiel gestern „auswärts“ verfolgt, nachdem ich selber kicken war und bin dann bei der Nachberichterstattung geflüchtet, um nach Hause zu fahren.

    Auf die Partie gegen Mainz bin ich jetzt auch sehr gespannt! Die Aufstellung gestern war ja schon noch durch einige verletzungsbedingte Zwänge geprägt (wobei am Sonntag wiederum Tasci fehlt). Überrascht hat gestern natürlich vor allem die Nominierung Gebharts – was mich allerdings ein Stück weit gefreut hat, da ich doch einiges von ihm halte (wenn er mal die Flausen in Sachen Egotrips aus dem Kopf kriegt).

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  1. Gut gekehrt, Besen!* « angedacht - Dezember 10, 2009

    […] Gut gekehrt, Besen!* 10. Dezember 2009 3-1 hat der VfB gestern gegen Unirea Urziceni gewonnen, dabei phasenweise überzeugend gespielt, und zählt nunmehr nicht nur in der Bundesliga, sondern auch in der Champions League zu den besten 16 Mannschaften. Der Trainerwechsel hat sich also bezahlt gemacht. Möglicherweise – ich neige durchaus zu dieser Sichtweise – ist Christian Gross ein sehr guter Trainer, und zudem der Trainer, der die Mannschaft wieder auf Kurs bringt; man möge mir dennoch die Meinung nicht verübeln (falsch: wer will, soll sie mir verübeln), dass der Sieg gestern vermutlich auch mit Franco Foda, Peter Neururer oder Max Mustermann an der Seitenlinie gelungen wäre. Dass es, wie Jens Lehmann vermutet mit Sicherheit sagen kann, auch mit Markus Babbel geklappt hätte, bezweifle ich. Es war eben der berühmte Impuls von außen, der allein schon dadurch Wirkung entfaltete, dass jeder einzelne Spieler bestrebt war, sich von seiner besten Seite zu zeigen. Dass das kein gutes Licht auf die Mannschaft wirft, kann man im Brustring sehr schön nachlesen. […]

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