Die Neuen 2010/11 (3): Christian Gentner

30 Jul

Der dritte in dieser Serie vorgestellte Neueinkauf ist chronologisch betrachtet eigentlich der erste gewesen, schließlich stand der Wechsel von Christian Genter schon offiziell zum Ende der vergangenen Winterpause fest.

Schon damals habe ich diesen Transfer etwas näher beleuchtet und die drei Ebenen dieser Personalie versucht zu analysieren. Das Urteil bleibt nach wie vor im Grunde das Gleiche.

Wirtschaftlich macht der Transfer auf jeden Fall Sinn, da man einen Mittelfeldspieler dieser Stärke nur höchst selten ablösefrei bekommen kann und auch die emotinale Komponente betrachte ich nach wie vor als absolut stimmig (Stichwort: „Rückkehr des verlorenen Sohns“).

Einzig in Bezug auf die sportliche Ebene dieser Verpflichtung war ich mir im Januar nicht sicher und bin es heute auch noch nicht in allerletzter Konsequenz. Wenngleich natürlich in Anbetracht des gestern bekannt gewordenen Verkaufs von Sami Khedira an Real Madrid man hier tatsächlich vermuten könnte, dass man eben jenem absehbaren Verlust schon im Winter vorbeugen wollte.

Denn nun hat man trotz des Verlusts einer Leaderfigur zumindest sportlich nach wie vor eines der am besten besetzten besetzten defensiven Mittelde der gesamten Bundesliga. Zudem mit Christian Gentner (24), Christian Träsch (22) und Zdravko Kuzmanovic (22) ein nach wie vor absolut junges mit nach wie vor viel Potential für die Zukunft.

Die Frage ist dann, wie sich -nun ohne Khedira- Christian Gross entscheiden wird in der Frage der Besetzung. Es scheint sich bislang herauszukristallisieren, dass Träsch gesetzt sein wird, während sich Kuzi und Gentner um den Platz neben ihn streiten werden.

Um an dieser Stelle mal eine gängige Floskel aus der gemeinen Sportjournaille zu verwenden: Gentner könnte in diesem Zusammenhang allerdings „ein Opfer seiner eigenen Flexibilität“ werden.
So wird gemeinhin vermutet, dass Gentner durchaus auch beim VfB auf der Position im linken Mittelfeld spielen könnte. Einerseits fehlt dem VfB da bislang ein adäquater Neuzugang und andererseits hat Gentner ja schon bei Wolfsburg in der Regel im linken Mittelfeld gespielt – und das durchaus stark, hat er sich doch dort damals sogar ins Blickfeld der Nationalmannschaft gespielt.

Ein kleiner aber feiner Unterschied ist allerdings, dass Wolfsburg im Mittelfeld vorwiegend mit einer klassischen Raute agierte, während sich Gross aber eindeutig zur beim VfB dominierenden Philosophie des 4-4-2 mit Doppelsechs bekannt hat. Dementsprechend hat er auch klar geäußert, dass er auf den Aussen im Mittelfeld entsprechend schnelle Flügelspieler sehen möchte – und in das Profil fällt Gentner eigentlich nicht rein.

Eine andere Alternative wäre natürlich nach wie vor die Rückbeorderung Träschs auf die Rechtsverteidigerposition und dementsprechend eine Doppelsechs Gentner & Kuzmanovic. Da dies allerdings schon in der vergangenen Saison eine von vielen vorgebrachte Option war (nur eben mit Khedira & Kuzmanovic), von der Gross quasi nie Gebrauch gemacht hat, halte ich das für eher wenig wahrscheinlich.
Erst recht, wenn der VfB nun auch noch mit Degen einen einigermaßen etablierten Rechtsverteidiger holt.

Dementsprechend bleibt es wohl dabei, dass es auf einen Zweikampf zwischen Kuzmanovic und Gentner um den Platz neben dem defensivstarken Träsch hinauslaufen wird. Gut, immerhin werden wir dank der Europa League Teilnahme, deren endgültige Qualifikation wir dann kommende Woche endgültig klar machen können, nicht wenige Saisonspiele haben, so dass sicherlich alle drei Spieler ihre regelmäßigen Einsätze bekommen zu werden.

Um die Entwicklung Gentners in den vergangenen drei Jahren noch ein bisschen ausführlicher erklärt zu bekommen, habe ich mich zudem noch kurz mit Marvin vom VfLWolfsburgBlog unterhalten.

Christian Gentner kam im Sommer 2007 als Leihspieler zum VfL Wolfsburg und konnte sich recht schnell dort durchsetzen, wurde später (nach seiner Verpflichtung) sogar eine der tragenden Säulen in der Meistermannschaft. Hattest Du damals mit einem derart positiven Verlauf gerechnet als er zum VfL kam?

Keineswegs. Als Gentner noch beim VfB spielte, war er keine Stammkraft. Ich war zwar schon damals von ihm überzeugt, aber ich hätte nicht gedacht, dass er derart wichtig werden würde, zumal das Leihgeschäft im Sommer 2009 enden sollte. Ein Jahr vorher jedoch entschied er sich dafür, beim VfL bleiben zu wollen und unterschrieb einen Vertrag. Ich denke das lag an den doppelt so viel Spielen, die er im Vergleich zur Vorsaison beim VfB absolviert hatte. Er wurde also schon im ersten Jahr zur Stammkraft. Außerdem half er entscheidend mit, den VfL in den UEFA-Cup zu führen. In den nächsten beiden Spielzeiten überzeugte Gentner noch mehr, entwickelte sich kontinuierlich weiter und machte 08/09 & 09/10 in der Liga alle Spiele und glänzte sogar als Vorbereiter. Gentner ist jemand, auf den man sich immer verlassen kann, der kaum mal ein schwaches Spiel zeigt. Dass ich mal so begeistert von ihm sein würde, hatte ich am Anfang nicht erwartet.

Wie bewertest Du nun die Rückkehr zu seinem „Heimatverein“? Ein Verlust für Wolfsburg?

Ein Verlust ist das auf jeden Fall. Wie ich schon angesprochen hatte, absolvierte Gentner zwei Spielzeiten hintereinander jedes Spiel. Zusammengerechnet kommt er in seinen Bundesligaeinsätzen beim VfL auf 35 Scorerpunkte. Für einen Mittelfeldspieler, der sehr mannschaftsdienlich spielt, also auch viel nach hinten arbeitet, eine beachtliche Zahl.
Die Rückkehr an sich ist für den VfL zwar verdammt schade, ich persönlich halte den Wechsel jedoch für nachvollziehbar. Mit dem VfL wurde Gentner zur Stammkraft, qualifizierte sich überraschend für den UEFA-Cup und wurde noch überraschender Deutscher Meister. Jetzt kam eine verschenkte Saison. Ich denke er hat erkannt, dass der nächste Schritt notwendig ist. Damals sah er beim VfL bessere Perspektiven für sich. Diese sieht er nun beim VfB. Denn hier kann er sich international beweisen. Ich denke beim VfL wäre es für ihn schwierig geworden, sich wieder 100%ig neu motivieren zu können. Erst in 2 Jahren könnte er wieder mehr erreichen, als er es nicht ohnehin schon mit dem VfL getan hat. In Stuttgart wird er bessere Möglichkeiten sehen, sich weiterzuentwickeln.

Bei Wolfsburg spielte Gentner ja meist auf der linken Seite der Mittelfeldraute, obwohl seine erklärte Lieblingsposition die im zentralen defensiven Mittelfeld ist. Wo siehst Du seine Stärken? War er so viel schwächer als Josue, um sich gegen ihn durchsetzen zu können?

Schwächer als Josue ist Gentner ganz bestimmt nicht. Er ist schlichtweg ein ganz anderer Spielertyp. Denn im Gegensatz zu Josue ist Gentner im Mittelfeld flexibel einsetzbar. Gentner kann im defensiven Mittelfeld eingesetzt werden oder auch wie bei uns links außen. Josue hingegen ist ein Spielzerstörer und aufgrund seiner Größe für keine andere Position derart geeignet. Allein deswegen rutschte Gentner auf die linke Außenbahn. Und wie sich herausgestellt hat, war das keine schlechte Entscheidung, zumal er auf seiner angeblichen Lieblingsposition in der Nationalmannschaft nicht wirklich überzeugen konnte.
Alles in allem sehe ich Gentners Stärken in seiner Flexibilität sowie in seiner mannschaftsdienlichen Spielweise. Er spielt offensiv zwar nicht so auffällig wie ein Misimovic, trotzdem weiß er stets zu gefallen, auch im Rückwärtsgang.

Vielen Dank für die ausführliche Beantwortung meiner Fragen! Ich wünsche dem VfL Wolfsburg natürlich auch viel Erfolg für die kommende Saison. Ich bin sehr gespannt, zu was das Team mit den gut klingenden Verstärkungen und mit McLaren in der Lage ist.

Christian Gentner wird in der kommenden Saison die Rückennummer 20 auf seinem Trikot haben, die zuletzt übrigens 2007/08 von Ciprian Marica getragen wurde.

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Eine Antwort zu “Die Neuen 2010/11 (3): Christian Gentner”

Trackbacks/Pingbacks

  1. Tschubby-Tschubby « Brustring - Oktober 1, 2010

    […] trotz bösem Tritt auf die Zähne beißt und sich ohne zu Murren für die Truppe reinhaut; wenn Christian Gentner auf dem Flügel sein mMn bisher bestes Spiel seit seiner Rückkehr aus der Autostadt macht; wenn […]

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