Lobbyarbeit

17 Okt

Wer hier halbwegs regelmäßig mitliest wird sicherlich schon mitbekommen haben, dass ausführliches Schiedsrichter-Bashing hier in der Regel kein Forum findet. In erster Linie hat das natürlich damit zu tun, dass ich selbst mal einige Jahre lang Schiedsrichter war und dementsprechend einschätzen kann, wie schwierig gewisse Situationen zu entscheiden sind, besonders wenn es sich um Abseitsentscheidungen handelt, wo die Linienrichter eben nicht die Zeitlupen des Fernsehzuschauers zur Verfügung haben, sondern gleichzeitig das Abspiel, sowie die in der Regel gegenläufigen Bewegungen der Verteidiger und der Angreifer im Auge behalten muss (von sonstigen Geschehnissen wie möglichen Fouls mal ganz abgesehen).

Dieses Verständnis stößt allerdings natürlich an gewisse Grenzen, wenn man als Fan mit ansehen muss, dass Fehlentscheidungen zu neuralgischen Zeitpunkten eines Spiels das Endergebnis vermutlich maßgeblich beeinflussen. Zumal sich der eigene Verein derzeit in einer mehr als misslischen Tabellenlage befindet und ein entsprechend anderes Resultat erst einmal erheblich zur Verbesserung der allgemeinen Stimmungslage und auch erst einmal der Tabellenlage geführt hätte.

Nun ist natürlich alle Theorie grau und das was-wäre-wenn-Spiel doch eher müßig, schließlich soll man ja nicht über vergossene Milch weinen. Aber einen sehr unangenehmen Beigeschmack, ein Geschmäckle, hat das ganze dann eben doch in meinen Augen, wenn man bedenkt, wie im Vorfeld des Spiels Trainer/Manager Magath über die Presse seine Meinung über die gemeine Benachteiligung Schalkes durch die deutsche Schiedsrichtergilde lautstark kund tat.

Ob das nun in direktem Zusammenhang zu sehen ist, dass es erst diese Äußerungen mit einigermaßen großem medialen Echo gab und dann ein reguläres Tor von Stuttgart, das abgepfiffen wurde sowie einen Elfmeter, den man nicht hätte geben dürfen, weil der Gefoulte selbst im Abseits stand? Oder ob es doch eher reine Koinzidenz war? Beantworten wird man das selbstverständlich letzten Endes nicht, so dass ich hier nicht mehr als den verschrobenen und zu belächelnden Verschwörungstheoretiker geben kann.

Schließlich kann man bei den beiden fragwürdigen Entscheidungen immer noch einwenden, dass sie eben nur höllisch schwer erkennbar waren. So war ich selbst beim vermeintlichen 2:0 im Stadion verdammt sicher, dass es klar Abseits war und auch die Abseitsstellung von Metzelder vor dem Elfmeter habe ich nicht gesehen (was aber auch daran lag, dass ich das Foul selbst nicht gesehen habe, da es quasi abseits des Spielgeschehens stattfand – wobei sich der Assistent, der in diesem Fall das Foul anzeigte, schon sicher sein sollte, dass so ein Foul dann auch ein wirkliches Foul ist…)

Was ich aber als wirklich starkes Indiz dafür werte, dass Magath mit seinen Ablenkungsmanövern in Sachen Schiedsrichterschelte zumindest intern auf sehr fruchtbaren Boden traf, war die in meinen Augen absolut irrwitzige Tatsache, dass das Schiedsrichtertrio nach den ersten 45 Minuten (in denen es eben das eigentlich reguläre Tor des VfB gab) mit gellenden Pfiffen und „Schieber, Schieber“-Rufen in die Kabine begleitet wurden, obwohl zuvor nun wirklich rein gar nichts dramatisches zu Ungunsten der Königsblauen vorgefallen war.

Das spricht dann schon durchaus Bände…

Dass ich nicht weiter auf das Spiel eingehe, schiebe ich jetzt erstmal auf meine immer noch verletzte Hand (die tut nach rund 550 Wörtern doch etwas schmerzen). Ich werde das allerdings morgen oder so an anderer Stelle (sprich: bei spox – EDIT: hier klicken) nachholen. Zu sagen gibt es schließlich durchaus noch ein paar Dinge, die sich mehr auf den sportlichen Aspekt beziehen. Im grünen Bereich war das schließlich bei weitem noch nicht, auch wenn wir eben unter normalen Umständen das Spiel mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit gewonnen hätten.

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7 Antworten zu “Lobbyarbeit”

  1. Jonathan Oktober 17, 2010 um 11:57 pm #

    Diese beiden Fehlentscheidungen im Schalke-Spiel waren schon sehr ärgerlich, aber wie Du schon sagst, schwer zu sehen.

    Richtig unglaublich fand ich aber die regulären Tore gegen Nürnberg (Kopfball von Pogrebnyak, glaub ich) und gegen Frankfurt (von Cacau), die beide nicht gegeben wurden. In beiden Fällen gab es einfach NICHTS, was in der Nähe eines Fouls, eines Handspiels oder einer Abseitsstellung war. Noch nicht mal Proteste des Gegners. Für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. Wie kann man was sehen, wo nichts ist???

  2. jens1893 Oktober 18, 2010 um 12:05 am #

    Zumal die ganze Geschichte gestern halt nicht der erste Fall in dieser Saison war, wo man als VfB-Fan durchaus Hassgefühle auf den Schiedsrichter entwickeln konnte.

    In Freiburg wird einem beim Spielstand 0-0 ein relativ klarer Handelfmeter verweigert, wobei das jetzt wirklich nur nebensächlich ist, da man kurz danach sowieso das 1-0 geschossen hat und bei der Leistung in der zweiten HZ wohl auch problemlos eine 2-0 Führung verspielt hätte.

    Problematischer wird es dann allerdings bei dem durch das Schiedsrichtergespann aberkannten wohl durchaus regulären 1-1 Ausgleich nach 40 Minuten beim Spiel in Nürnberg und fast schon kriminell bei dem aberkannten 2-2 Ausgleich durch Cacau in der 88/89ten Minute im Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt.

    Hatte Pogrebnyak in Nürnberg die Hand am Trikot von Simons? Ja. Konnte man Marica bei der Szene gegen Frankfurt irgendwie ein aktives Eingreifen unterstellen? Ja. Abgesehen von der Abseitsstellung von Metzelder gestern, hat Tasci ihn gehalten und kann man da einen 11m vertreten? Ja.

    Aber die sich hier zu stellende Frage ist, wie häufig und gegen wen wird sowas gepfiffen? Und nach welchen Maßstäben wird da entschieden? Das ist jetzt sicherlich eine subjektive Meinung von mir, aber eine derartige Regelauslegung sehe ich für uns sehr selten und das seit Jahren. Meiner Meinung nach fehlt uns seit Jahren etwas die mediale Lobby und es hat bei uns halt dummerweise auch keine Person, die hier wirklich mal die Eier hat und sowas öffentlich anprangert alá Magath letzte Woche.

    Es gibt im Fußball sehr, sehr wenige Fälle, wo die Entscheidung wirklich absolut klar auf der Hand liegt und wo es eine klar absolute Entscheidung gibt. Ball hinter der Linie? Ja/Nein … und da hört es dann fast schon auf, selbst bei Abseits kann man ja neuerdings herrlich darüber streiten, ob der Spieler aktiv oder passiv im Abseits war oder ob eine neue Spielsituation entstanden ist. Der Rest ist quasi alles eine subjektive Entscheidung des Schiedsrichters und ob die da wirklich eine klare und konsequente Linie haben und jeden Verein gleich behandeln muss ich nach den Schiedsrichterleistungen in der Bundesliga in den letzten Jahren leider in Frage stellen. Prinzipiell kann man bei jedem Zweikampf darüber streiten, ob der jetzt fair geführt wurde oder ob ein Foul vorgelegen hat und so ist es auch hier. Prinzipiell kann man sich 95% der Entscheidungen eines Schiedsrichters so hinlegen, dass er irgendwie Recht hatte, aber wenn wirklich derart konsequent alles, was man auch nur irgendwie gegen einen auslegen kann, gegen einen ausgelegt wird, dann kriegt man gelinde gesagt das Kotzen und verliert etwas den Spaß an der ganzen Geschichte. Uns fehlen in einer durchaus sowieso schon sehr prekären Lage, an der die Schiedsrichter sicherlich maximal nur eine Teilschuld haben, 4 Punkte, die uns wohl auch keiner mehr zurückgeben wird.

    Überhaupt war dies was die Schiedsrichter betrifft ein sehr komisches Wochenende. In München darf ein Mario Gomez vor seinem Tor zum 2-0 ungestraft vor einem freie Sicht habenden Schiedsrichter den Ball mit der Hand annehmen, in Mainz wird dem HSV wegen einem angeblichen Stürmerfoul ein klar reguläres 1-0 von van Nistelrooy aberkannt und auch Borussia Mönchengladbach darf sich nach der Leistung von meinem Lieblingsfreund Herr Weiner in Hoffenheim heute durchaus benachteiligt vorkommen. Vor dem wohl vorentscheidenden 2-1 darf Demba Ba ungestraft Bamba Anderson wegschieben (vergleiche hier bitte die Szene Pogrebnyak/Simons in Nürnberg), der den Ball dann noch entscheidend ablenkt, und auch wenn man den Elfmeter und den Platzverweis für Schachten sicherlich irgendwie rechtfertigen kann, darf ein Schiedsrichter in dieser Szene gerne mal das viel besagte Fingerspitzengefühl unter Beweis stellen und Schachten in der Szene, sofern man es denn überhaupt als Foul auslegt, nur verwarnen. Einen Arango kann man für den Tritt sicherlich auch vom Platz stellen, allerdings habe ich es schon häufig genug gesehen, dass Spieler für solche Szenen nur verwarnt werden oder komplett ungeschoren davonkommen (man denke an die Szene Diego/Vidal bei Wolfsburg/Leverkusen, aber Diego ist sowieso ein Thema für sich).

    Aber um abschliessend nochmal aufs Hauptthema, Lobby und die deutschen Schiedsrichter zurückzukommen: Eines der Hauptprobleme in meinen Augen ist, dass die Schiedsrichter in Deutschland in den Augen der Öffentlichkeit heilige Kühe sind, die nicht kritisiert werden dürfen. Wer es trotzdem tut, wird als schlechter Verlierer dargestellt und kriegt Argumente wie „Deutsche Schiedsrichter sind die besten der Welt!“ an den Kopf geworfen. Schiedsrichter werden vom DFB teilweise bis zur Selbstverleumdung geschützt und Dinge wie Selbstkritik etc. werden ihnen von Kindesbeinen aberzogen. Sieht man ja auch daran, dass sie sich meistens gar nicht äussern oder wenn dann versuchen sich mit irgendwelchen haarsträubenden Argumenten irgendwie rauszureden. Schiedsrichter in Deutschland müssen angreifbar werden und auch der DFB muss da mal über seinen Schatten springen und gegebenenfalls Fehler seiner Mitarbeiter zugeben können, zumal deutsche Schiedsrichter in den internationalen Wettbewerben desöfteren beweisen, dass sie durchaus Spiele gut und unauffällig leiten können, wenn sie nicht durch die wohl extremst kleinlichen Vorgaben des DFB gehandicapt sind. Hier liegt meine Hoffnung auf Herbert Fandel, der da hoffentlich für eine Verbesserung der Situation sorgen wird.

  3. heinzkamke Oktober 18, 2010 um 5:40 pm #

    „wobei sich der Assistent, der in diesem Fall das Foul anzeigte, schon sicher sein sollte, dass so ein Foul dann auch ein wirkliches Foul ist…“

    Als Foul habe ich es durchaus gesehen, auch als ein viel zitiertes elfmeterwürdiges Foul. Und die Abseitsstellung war, soweit ich es gesehen habe, schon verdammt knapp.

    Ansonsten ist es in der Tat bemerkenswert, dass Du was über Schiris sagst, aber nach diesen magathschen Aussagen…

    • hirngabel Oktober 18, 2010 um 5:51 pm #

      Ich hätte besser geschrieben „ein sanktionierbares Foul“ – was ja eben nicht der Fall war, da die Abseitsstellung zuerst vorlag.

      Mich stört in dem Zusammenhang aber mehr, dass das Halten/Stoßen von Tasci zwar durchaus gegeben werden kann, aber nun auch wiederum keine so zentrale Situation war, da der Ball ohnehin nicht zu Metzelder kam. Das heisst selbst wenn Metze nicht im Abseits gestanden hätte, fände ich die Entscheidung für Elfmeter schon sehr hart in der Situation. Unabhängig vom Verein.

      Weitaus relevanter finde ich allerdings noch: Die Entscheidung kam ja dann in diesem Fall eindeutig vom Assistenten, der die Fahne hob und den Schiedsrichter darauf aufmerksam machte. Das bedeutet ja, dass er die Szene einigermaßen klar im Blick haben musste – sonst hätte er nicht diese Schlüsselentscheidung getroffen. Und dann muss ich aber eigentlich von ihm auch verlangen können, dass er die knappe Abseitsstellung ebenfalls sieht.
      Ich sag nicht, dass das leicht ist (beileibe nicht!), aber wenn man seinen Schiedsrichter dazu anleitet in der 80. Minuten (nein, eigentlich immer) einen Elfmeter zu geben, dann hat man sich verdammt nochmal ganz sicher zu sein.

      Ja, dieses Mal musste ich was sagen. Selbst wenn es den Elfer nicht gegeben hätte und wir gewonnen hätten, hätte ich vermutlich zumindest etwas zu dem Thema geschrieben. Dazu fand ich die „Schieber“-Rufe zur Halbzeitpause einfach viel zu irritierend…

  4. Herr Wieland Oktober 19, 2010 um 7:39 am #

    Ich persönlich glaube, dass es die Schieber-Rufe zur Halbzeit auch dann gegeben hätte, wenn Magath die Aussagen zu den Schiedsrichterns zuvor nicht getroffen hätte. Mag sein dass Du nichts gravierendes Bemerkt hast, ich hatte durchaus den Eindruck, dass Herr Meyer dem VfB zuviel „aggressive Spielweise“ durchgehen ließ und viele Kleinigkeiten recht einseitig entschied. Diese Gefühle waren natürlich genauso emotional gefärbt wie Deine, aber auch dafür geht man ja ins Stadion.

    Wenn man nun aber tatsächlich unterstellt, dass sich der Linienrichter von Magaths Brimborium und dem Druck der Schalker Fans beeindrucken lies, kann ich nur sagen, dass Magath alles richtig gemacht hat. Man komme mir jetzt bitte nicht mit Fairness. Manager-Novize Christian Nerlinger hat Felix Magath letzte Saison, beim Pokalausscheiden des FCS04 gegen Bayern München, diesbezüglich vorgeführt. Er kritisierte vor dem Halbfinale öffentlich die angeblich überharte Spielweise Schalkes und erreichte, dass sich Schiedsrichter Kirchner äußerst aufmerksam zeigte, dass er über 120 Minuten Schalke das Führen von Zweikämpfen abtrainierte und Schalke damit entscheidend schwächte.

    Fredi Bobic hat seine Lektion nun auch gelernt. In der Stuttgarter Zeitung haut er auf die Brause. Er hätte (im Gegensatz zu uns …) für die Situation beim vermeintlichen 2:0 für den VfB keine Zeitlupe nötig gehabt, Metzelder sei „klar im Abseits wie vom Blitz getroffen zu Boden gegangen“, und der Linienrichter habe dem VfB „das Genick brechen wollen“. Albern. Aber vielleicht hilfts.

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