Um meine allwöchentlichen Stimmungsumschwünge weiter fortzusetzen, müsste ich, nach der Depression vor 7 Tagen, heute eigentlich wieder vollste Zuversicht im Kampf um die EuropaLeague-Plätze ausrufen.
Wie gesagt, das müsste ich. Eigentlich. Und doch fällt es mir schwer, dies derzeit und vor allem nach dem Verlauf der vergangenen Wochen so offensiv wieder auszuformulieren – und das, obwohl die vergangene Woche nun wirklich mehr als perfekt aus Sicht des VfB lief.
Das begann natürlich mit dem Einzug Werder Bremens in das Pokalfinale, was bedeutet, dass damit zumindest die Möglichkeit aufrecht erhalten wurde, dass auch Platz 6 in der Liga am Ende für einen Europa League Platz reichen kann.
Weiter ging das dann mit einem für uns Zuschauer zwar höchst unansehnlichen, aber erfreulicherweise auch äußerst kräfteraubenden Auftritt der Bayern auf tiefem Schalker Geläuf.
Die Krönung der Woche fand dann aber natürlich an diesem Wochenende statt, mit einem Bundesligaspieltag, den man sich aus VfB-Sicht kaum besser hätte zurechtschnitzen können. Gut, ein Punktverlust von Frankfurt in Bochum, sowie eine Punkteteilung zwischen Mainz und Wolfsburg wären insgesamt noch ganz nett gewesen, aber man will ja nicht gierig werden. Zudem glaube ich, dass man diese drei Vereine schon hinter sich können lassen wird.
Und dann wäre vielleicht auch noch ein Sieg von Hertha gegen Dortmund durchaus brauchbar gewesen – auf der anderen Seite aber müssen wir in zwei Wochen gegen die Berliner spielen und je weniger Hoffnung die auf den Klassenerhalt haben, umso besser eigentlich für uns. Und ein eigener Sieg gegen Hertha ist sicherlich wichtiger, als ein Punkt Rückstand weniger auf Dortmund.
Recht interessant ist es sicherlich, mal kurz einen Blick auf die Restprogramme der EL-Aspiranten zu werfen (wobei ich Bremen da mal ausklammere, die ja ohnehin schon über den Pokal qualifiziert sind).
Die Programme ähneln sich da doch durchaus sehr. Jeweils steht noch ein Gegner aus dem Topdrittel an, wobei Stuttgart mit Leverkusen den bestplatzierten Gegner hat, BVB und HSV allerdings noch jeweils Bremen vor der Brust haben und damit ein Team, dass derzeit sicher besser in Form ist als die Werkself.
Die restlichen 5 Gegner rekrutieren sich dann jeweils aus Teams im Abstiegskampf oder Teams der „gesicherten Mittelfeldregion“ (Platz 13 aufwärts) – wobei bei Wolfsburg (spielen noch gegen Dortmund) die Frage ist, ob sie nicht doch auch noch zu den internationalen Kandidaten zählen sollten, bei lediglich einem Punkt weniger als der VfB.
Der VfB hat insofern einen kleinen Vorteil, dass an den letzten 6 Spieltagen gleich 3 Spiele gegen Mannschaften aus dem tabellarischen Niemandsland anstehen, für die es dementsprechend um nix mehr geht (M’gladbach, Mainz, Hoffenheim).
Wobei man an dieser Stelle natürlich wieder herzhaft darüber diskutieren kann, ob ein tabellarisch höher eingestufter Gegner gefährlicher ist (trotz schon gesicherten Klassenerhalts) oder eben ein schwächer eingestuftes Team, für das es aber noch um etwas geht. Das mag letztlich jeder selbst für sich beurteilen.
Festhalten kann man sicherlich, dass die jeweiligen Restprogramme vom Anspruchsgrad her recht nah beeinander liegen – was eher ein Nachteil für den VfB ist, da wir ja Punkte aufholen müssen und somit mehr Ausrutscher bei der Konkurrenz benötigen, als wir uns selbst leisten könnten.
Und normalerweise glaube ich daher eigentlich nicht daran, dass wir genau diese Punkte noch gut machen auf die Hamburger oder auf den BVB. Die große Frage allerdings, gerade nach dem heutigen Auftritt der Hamburger ist, inwieweit sich die Krise fortsetzen wird und in diesem Zusammenhang auch, ob Labbadia überhaupt bald noch Trainer dort sein wird.
Viele offene Fragen also noch für den Schlussspurt dieser Saison, viel möglich für viele Teams in der nahen Zukunft, daher wenden wir uns erst noch einmal der Vergangenheit und damit dem gestrigen Spiel gegen die Bayern zu.
Ich hatte ja vergangene Woche schon erwähnt, dass obwohl die Luft insgesamt raus sei, zumindest das Duell mit den Bayern noch mal etwas Feuer und Fan-Leidenschaft in mir entfachen wird. Das hängt natürlich einerseits damit zusammen, dass Spiele gegen die Bayern ja grundsätzlich immer etwas besonderes sind, aber für mich auch damit, dass mein kleiner Bruder aufgrund einer bizarren Laune des Schicksals ausgerechnet Fan dieses %§%§!-Vereins ist. Dementsprechend wichtig ist ein Abschneiden des VfBs in den Duellen mit den Bazis natürlich auch immer für die familieninterne Fußballhierarchie.
In Anbetracht des bisherigen Saisonverlaufs beider Teams waren zu Beginn des gestrigen Nachmittags die Rollen natürlich klar verteilt – wenngleich meines Bruders aufgetragene Selbstsicherheit das etwas angeschlagene Nervenkostüm nach den jüngsten Misserfolgen nur notdürftig verdecken konnte. Dies trat natürlich mit zunehmender Spieldauer immer deutlicher zutage. Auch wenn ihm der zwischenzeitliche Führungstreffer etwas Auftrieb gab, so wurde die Nervosität doch spätestens beim glücklichen Ausgleich sehr deutlich, als er begann extrem über die „Duselschwaben“ zu hadern. Und als dann noch das Führungstor für Stuttgart fiel, dem die Bayern im weiteren Verlauf nichts entgegenzusetzen hattten, war es endgültig geschehen und es wurde verbal nach Herzenslust ausgekeilt gegen dieses achso unverdiente Ergebnis und die unverschämt glücklichen Stuttgarter und die miesen Schiedsrichter, die so blind waren und nicht erkannten, dass der Ball vor dem 2:1 deutlichst im Aus war.
Ich hingegen hatte einfach nur ein selbstzufriedenes und vermutlich leicht hämisches Grinsen auf den Lippen.
Nichtsdestotrotz hoffe ich natürlich, dass mein Bruder da nicht ganz repräsentativ für die Bayern-Fanschar ist, denn, wenn man das Spiel ganz nüchtern analysiert, muss man halt einfach auch sagen, dass trotz des recht glücklichen Zustandekommens des ersten Tores insgesamt der Sieg für Stuttgart durchaus verdient war, da Bayern zum Einen nur in einer verhältnismäßig kurzen Phase ein Mittel gegen engagiert verteidigende Stuttgarter gefunden hat (nämlich über die Rechtsverteidigerposition) und zum anderen gerade defensiv eine grausige Leistung ablieferten.
Ich frage mich wirklich, warum Schalke am vegangenen Mittwoch nicht mehr Offensivwillen an den Tag gelegt hat, um diese wackelige Abwehr noch mehr in Verlegenheit zu bringen. Denn diese Schwäche ist ja nun nach den letzten Wochen alles andere als ein Geheimnis gewesen.
Alleine wie die Stuttgarter da für gefühlt knapp eine halbe Minute vor dem 2:1 im bayrischen Strafraum den Ball behaupten konnten, hätte mich als Bayern-Fan verrückt werden lassen.
Da dieser Kelch aber glücklicherweise an mir vorübergegangen ist (einen Bazi als Bruder zu haben reicht ja als Bürder schon aus), gab es für mich eigentlich nur zwei Dinge, über die es sich aufzuregen galt.
Zum Einen ist das natürlich die Entwicklung der Rechtsverteidigerposition zur Schwachstelle Nummer 1 im Defensivspiel des VfB. Es ist schon etwas bizarr, dass man mit Molinaro, der auch in der AllianzArena wieder eine sehr starke Leistung ablieferte, endlich eine Lösung für die jahrelang unzufriedenstellend besetzte Linksverteidigerposition gefunden hat und damit den größten Schwachpunkt der VfB-Defensive ausgemerzt hatte und sich nun ein ähnlich großes Qualitätsproblem auf der anderen Seite ergibt.
Klar, Boulahrouz hat keine Spielpraxis gehabt und ist sowieso eigentlich Innenverteidiger, aber auch Celozzi ist da bislang nicht die ganz große Entdeckung gewesen. Ich hoffe, die Vereinsführung hat diese Position im Blick und wird im Sommer dort entsprechend aktiv werden und ähnlich glücklich zugreifen, wie es diese Winterpause der Fall war. Dass sie aktiv wird, da bin ich mit eigentlich sicher, schließlich wird ja Osorio aller Voraussicht nach den Verein dann verlassen.
Der zweite Aufreger war das Zweikampfverhalten der Saubermänner aus Bayern mit dem traurigen Höhepunkt der heftigen Verletzung Khediras nach einer Grätsche von Klose. Zu dieser Thematik hat sich glücklicherweise heinzkamke schon derart passend geäußert, dass ich dem nichts mehr hinzufügen kann. Ausser vielleicht: Glashaus, Steine und so.
Dazu gäbe es natürlich noch einiges zu den Kaderplanungen des VfB für die kommende Saison zu sagen, aber dazu gibts dann die Woche eventuell einen separaten Beitrag.
Weitere Reaktionen zum Sieg übrigens hier und hier.
An dieser Stelle nur noch eine Liste des Restprogramms aller eventuellen EuropaLeague-Aspiranten, die jeder selbst für sich bewerten kann. Auf Bremen habe ich, wie gesagt, verzichtet, die werden ohnehin Vierter. Interessante Randnotiz: Hoffenheim spielt an den verbliebenen 6 Spieltagen noch gegen alle diese fünf Teams (und am 30. Spieltag gegen Köln).
HSV
Hannover (H)
Bochum (A)
Mainz (H)
Hoffenheim (A)
Nürnberg (H)
Bremen (A)
BVB
Bremen (H)
Mainz (A)
Hoffenheim (H)
Nürnberg (A)
Wolfsburg (H)
Freiburg (A)
VfB
Mönchengladbach (H)
Hertha (A)
Leverkusen (H)
Bochum (A)
Mainz (H)
Hoffenheim (A)
Frankfurt
Leverkusen (H)
Mönchengladbach (A)
Hertha (H)
Mainz (A)
Hoffenheim (H)
Wolfsburg (A)
Wolfsburg
Hoffenheim (H)
Nürnberg (A)
Bremen (H)
Freiburg (A)
Dortmund (A)
Frankfurt (H)
Der Hinrunden-Rückrunden-Vergleich: +16 Punkte, +17 Tore (mittlerweile doch schon recht stattlich)
Ich weiß nicht, ob man Klose hier Absicht unterstellen darf – sicher war das ein Foul, aber wohl eher eines im Eifer des Gefechts und im Ergebnis sehr unglücklich für Khedira und den VfB. Bösartig (also Verletzung in Kauf nehmen etc.) war es aber keinesfalls. Das Knie hat sich unglücklich verdreht – zunächst sah das gar nicht so wild aus. Klar ist man als Stuggi-Fan sauer, aber die Reaktionen auf das Foul find ich doch etwas überzogen.
Das Schiri-Gespann am Samstag war schlecht – das hatte aber mit dem Ergebnis bzw. Spielverlauf letzten Endes nichts zu tun. Es ist also niemand verpfiffen worden.
An dieser verdient-oder-nicht-Diskussion beteilige ich mich nicht – letztlich hat der VfB die drei Punkte mitgenommen. Punkt.
Du sprichst das Zweikampfverhalten der Bayern an – ich weiß nicht, ob Du die Möglichkeit hast Dir das Spiel nochmal anzusehen. Überharte Fouls konnte ich nicht sehen. Da waren einige Situationen, wo im Zweikampf zunächst der Ball getroffen wurde (und auch anvisiert war), was für mich (nicht nur bei Bayern sondern generell) unter „gesunde Härte“ fällt. Das bewusste In-Kauf-nehmen von Verletzungen habe ich – der ich das Spiel nun zwei Mal angesehen habe – nicht erkennen können.
Na, zechbauer, ich glaube Dein Kommentar scheint unter dem falschen Eintrag gelandet zu sein, denn, wenn Du noch mal genau nachliest, ist hier nirgendwo von Absicht oder gar Bösartigkeit in Bezug auf Kloses Grätsche die Rede gewesen – und bei heinzkamke meines Wissens ebenfalls nicht.
Klar, die Schwere der Verletzung Khediras spielt sicherlich eine Rolle, warum ich sauer bin. Allerdings finde ich, dass man bei Grätschen von hinten (und wenn es von schräg hinten ist), wo dem Gegner ohne Rücksicht auf Verluste die Beine abgeräumt werden, aber ganz sicher davon sprechen muss, dass man eine Verletzung des Gegners mit in Kauf nimmt. Und das hat auch nichts mit „gesunder Härte“ zu tun, sondern ist im besten Falle „clever“, weil man mit solchen Grätschen, bei denen irgendwie auch der Ball gespielt wird, gegebenenfalls den Gegner schädigen kann ohne ein allzu hohes Strafmaß zu erwarten.
Und damit sind wir dann ironischerweise genau an dem Punkt angelangt, den Nerlinger letzte Woche noch den Schalkern vorgeworfen hat, um Stimmung vor dem Pokalspiel zu machen (Stichwort „Foul-Taktik“). Diese Aussagen sind im Nachhinein betrachtet wirklich ein Hohn, wenn man dann sieht, dass die Bayern im Mittelfeld gegen Stuttgart häufig sehr äh kompromißlos zu Werke gegangen sind. Da war natürlich selten was richtig „böses“ dabei – aber darum geht es ja auch nicht immer.
Und nein, auch die Stuttgarter waren keine Kinder von Traurigkeit, wie bspw. die Gelbe von Cacau völlig berechtigt war und mich ebenfalls ob ihrer Unnötigkeit aufgeregt hat.
Ja, die „verdient oder nicht“-Diskussion ist natürlich sehr müßig. Gerade auch aus der Sicht des „duseligen Gewinners“ (die ihr ja als Bayern-Fan zur Genüge ebenfalls kennt =)) kann man dazu natürlich ohnehin nicht viel mehr sagen, als „Et is wie et is“.
Was ich aber durchaus im Hinterkopf hatte, waren Kommentare (bspw. bei twitter), die sich darauf bezogen haben, dass Bayern ja wesentlich mehr Ballbesitz gehabt hätte.
Dabei finde ich persönlich eben, dass Ballbesitz immer nur ein sehr bedingt aussagekräftiger Indikator für die Überlegenheit einer Mannschaft ist. Sie kann nämlich durchaus auch ein sehr deutliches Zeichen für die Ratlosigkeit einer Mannschaft sein – und so war es meines Erachtens am Samstag bei den Bayern (und übrigens auch bei den Hamburgern am Sonntag). Wofür beispielsweise auch die Torschussstatistik spricht, die eindeutig zu Gunsten des VfB ausfällt.
Und ja, verpfiffen worden ist am Samstag, zumindest in der AllianzArena, tatsächlich niemand.