…hätte ich mir gestern so gegen Ende der zweiten Halbzeit gewünscht, denn es war -trotz zeitweilig strahlendem Sonnenschein- doch sehr frisch im Kölner RheinEnergie-Stadion. Zumal ich dann irgendwann auch nicht mehr so windgeschützt saß, wie noch zu Beginn des Spiels, da sich mit zunehmender Spieldauer auch die Zuschauerreihen um mich rum zusehends lichteten.
Da ich aber nur Kölsch zur Verfügung hatte, musste ich mich halt darauf konzentrieren, mich am Ergebnis des Spiels zu erwärmen – und das klappte dann doch ziemlich gut, fuhr der VfB an diesem Nachmittag doch tatsächlich den höchsten Sieg dieser Saison ein.
Und -damit halte ich nicht hinter dem Berg- das tat richtig, richtig gut!
Denn nach den Erfahrungen aus dem Hinspiel, die einen der absoluten Tiefpunkte der Hinrunde markierten (sportlich wie persönlich) und vielleicht auch sowas wie den Beginn des kompletten Zerfalls, an dessen Ende die Demission Babbels stand, war am gestrigen Tag definitiv Wiedergutmachung dringend notwendig.
Dementsprechend freute es mich doch auch sehr, dass ausgerechnet ein Mann spielentscheidend war, der beim Hinspiel noch eine eher unglückliche Rolle gespielt hatte: Jens Lehmann.
Natürlich ist Toreschiessen insgesamt sehr wichtig und bei einem so hohen Sieg konzentriert sich die Berichterstattung naturgemäß auf etwas anderes als den Torhüter. Dennoch wird mir in der allgemeinen Berichterstattung über das Duell mit den Kölnern die exzellente Leistung unseres Keepers viel zu wenig gewürdigt. Denn wäre Lehmann gestern nicht so hervorragend aufgelegt gewesen, dann hätte das Spiel in Köln doch ein ganzes Stück anders laufen können, schließlich muss man sagen, dass der FC an diesem Nachmittag nämlich eigentlich nicht so viel schlechter war, wie es das Endergebnis aussagt.
So gab es locker drei wirklich gute Phasen der Kölner, in denen sie auf einen Treffer drängten, in denen aber jeweils entweder ein Abwehrbein rettete, häufiger aber noch der Nationaltorhüter a.D. blendend reagierte und Gegentreffer vereitelte. So war es unmittelbar vor dem 0:1, als Novakovic sich (per Foul, wenn ich es richtig gesehen habe) gegen Delpierre durchsetzte und Lehmann mit einem genialen Reflex parierte. So war es auch kurz vor dem 0:3, als wiederum Lehmann der Sieger im direkten Duell mit Novakovic blieb. Und so war es dann eben auch in den 5-10 Minuten nach der Halbzeitpause, als die Kölner mit etwas Aufwind durch das 1:3 kurz vor der Pause aus der Kabine kamen, aber dem zarten Optimismus doch eben auch durch Lehmanns Paraden schnell der Zahn gezogen wurde.
Das merkte man auch an den Reaktionen der in meiner Nähe sitzenden Köln-Fans, die mit dem 1:3 noch leicht versöhnt werden konnten, aber schon kurz nach der Pause zunehmend verzweifelter wurden. Und als dann auch noch Pogrebnyak nach schöner Flanke von Hilbert den wirklichen Knockout mit dem 4:1 für Stuttgart erzielte, verließen sehr viele der besten Fans der Welt doch schon beinahe fluchtartig das Stadion.
Ganz im Gegensatz natürlich zu den Fans im VfB-Fanblock, wo das einzige was ging die Oberkörperbekleidung einiger Vorsänger war. Die Freude über das tolle Spiel des VfB wollte schließlich gebührend gefeiert werden und das tat man im Gästeblock wie auch in den angrenzenden Blöcken sehr lautstark und sehr andauernd – wie ohnehin die Stimmung durch die VfB-Fans während des ganzen Spiels doch ziemlich erstklassig war. Hat mir gut gefallen.
[Vorsicht: Jetzt kommt ein Delling!]
Sehr gut gefallen hat mir im Übrigen auch Matthieu Delpierre nach seinem doch sehr kritisch beurteilten Comeback im HSV-Spiel vergangene Woche. Zwar hatte er in Halbzeit eins zwei Situationen, in denen er gegen Novakovic nicht ganz glücklich aussah, aber er hatte eben bestimmt 5x soviele Situationen, in denen er sich absolut souverän und oftmals unspektakulär behauptete, und entweder durch geschicktes Stellungsspiel oder aber clevere Antizipation, den Ball vom Gegner ablaufen konnte. Das war hervorragend, zumal auch sein Nebenmann Tasci gestern wieder eine blitzsaubere Leistung abliefern konnte.
Einziger Schwachpunkt in der Defensive, da auch Molinaro auf Links wieder eine einwandfreie Leistung defensiv wie offensiv (toll vor dem 0:1 im Zusammenspiel mit Hleb) ablieferte -den einen Stockfehler bei der Ballannahme vernachlässigen wir mal-, war hingegen einmal mehr Stefano Celozzi auf der Rechtsverteidigerposition. Zwar ist er sehr bemüht in der Vorwärtsbewegung und auch hinten durchaus engagiert, aber er lässt sich eben einfach zu häufig überlaufen, da sein Stellungsspiel noch nicht so sitzt. Deswegen sah eben auch Delpierre nicht immer so glücklich aus, da er eben in den angesprochenen Situationen gegen Novakovic darunter zu leiden hatte, dass der FC über rechts durchbrechen konnte, weil Celozzi nicht optimal stand bzw. etwas zu fahrlässig agierte.
Unser Mittelfeld war heute insgesamt, trotz des Kantersiegs relativ unauffällig wie ich fand, was vor allem für die Zentrale, bestehend aus Träsch und Kuzmanovic gilt, der den verletzten Khedira ersetzte. Hleb auf links zeigte seinen einen obligatorischen Sahnepass, der Molinaro die Möglichkeit gab, das 0:1 aufzulegen. Darüber hinaus bemüht, aber an manchen Stellen leider auch wieder zu verspielt, gerade nach dem Seitenwechsel, was dann unvermeidlich zum obligatorischen Wechsel nach der Stundenmarke gegen Hilbert führte.
Wie üblich verspielt war auch Gebhart, allerdings doch mit durchaus ordentlicher Konsequenz in seinem Spiel, so dass es mich gestern nicht sonderlich zur Verzweiflung vertrieb. Erst im Schlussviertel des Spiels wurde es etwas viel für meinen Geschmack, wie auch das Team insgesamt nach dem 4:1 etwas sehr verspielt wurde – aber immerhin hatte man nach wie vor den Drang zum Tor, was mir gut gefiel.
Sehr zufrieden war ich übrigens auch insgesamt mit den Wechseln von Gross an diesem Tag. Hatte mir in der Halbzeit noch überlegt, dass ich mir wünschen würde, dass Gross sowohl Rudy als auch Schieber die Gelegenheit gibt, noch ein paar Minuten Spielzeit bekommen. Nach der oben schon angesprochenen Einwechslung von Hilbert kamen dann diese beiden jungen Spieler mit den Sprechchorkompatiblen Namen tatsächlich und vor allem Rudy konnte sich in einigen Szenen wieder ganz gut einsetzen, wenn auch letzten Endes keine seiner Flanken oder Torschussversuche fruchteten. Schieber hingegen fiel vor allem durch seine hässliche Goldmetallic-Haarfarbe auf, sowie dadurch, dass er sehr abseitsverdächtig spielte – allerdings hatte er effektiv auch nur 7 Minuten auf dem Platz, von daher wäre es ungerecht hier ein weitreichenderes Urteil zu fällen.
Ein positiver Nebenaspekt ist, dass, auch wenn das schon in den Bereich der Spekulation abgleitet, Gross tatsächlich von vorheherein und auch nach dem Wechsel von Schieber für Pogrebnyak beim 4-4-2-System blieb. Ich würde daher vermuten, dass das Experiment mit dem 4-5-1 erst einmal für gescheitert erklärt worden ist und damit für das Barcelona-Spiel hoffentlich tatsächlich nicht mehr in Erwägung gezogen wird.
Die Frage ist natürlich, wie Gross in Sachen Personal verfahren wird und ob Marica wieder den Weg zurück in die Startelf finden wird, oder ob sich unser Coach doch dafür entscheidet mit dem gleichen Personal wie in Köln anzutreten. Dass er sich an Osorio als Rechtsverteidiger probiert, daran glaube ich zumindest nicht. Es erscheint mir dann doch eher so, als ob Gross an Celozzi mehr glaubt, als wir Fans es tun. Vertrauen wir ihm diesbezüglich einfach mal.
Zu guter Letzt noch ein liebes Dankeschön an Alexis von my life. my love. my blog. für das nette Mittagessen im Vorfeld des Spiels. Hat mich sehr gefreut, ein weiteres Mitglied der kleinen VfB-Bloggergemeinde kennenzulernen!
Damit bin ich dann auch am Ende meiner Spielbesprechung, auch wenn ich irgendwie das Gefühl habe, irgendetwas relevantes vergessen habe zu erwähnen…
Der Hinrunden-Rückrunden-Vergleich: +10 Punkte, +13 Tore
Ich muss auch sagen: Delpierre ist besser als er in vielen Medien gemacht wird. Er gehört jetzt zwar nicht unbedingt in die erste Reihe der Innenverteidiger der Bundesliga, aber zusammen mit Tasci bildet der schon ein gutes Team. Celozzi würde ich noch Zeit geben, ich glaube, wahrscheinlich ähnlich wie Gross, das aus dem Jungen noch ein richtig guter für die Bundesliga werden könnte.
Nicht so gefallen hat mir Hleb… ich meine, Gross dürfte es auch gern mal mit Hilbert und Gebhart von Beginn an probieren.
Da sieht man mal, wie lange Schieber nicht gespielt hat und damit im Fernsehen zu sehen war. Im Stadion sehe ich ihn seit Wochen im neuen Look, wenn er sich wieder einmal vergeblich aufwärmt.
Wie ich drüben schon schrieb: ich vertraue voll auf Deine Delpierre-Einschätzung, nachdem mir bei den Szenen in ARD und DSF schon ein bisschen schlecht geworden war.
Ja, geht mir genauso mit Delpierre.. war nach diversen Zusammenfassungen nicht so ganz von seiner Leistung überzeugt. Vertraue da aber doch lieber deinem Urteil als den Fernsehleuten.
Ansonsten.. Die Chancenverwertung hat diesmal gepasst. Ich hoffe nur, das bleibt auch so. Ich hab beim VfB nämlich oft das Gefühl, dass nach Spielen mit vielen Toren danach erstmal wieder Flaute ist.
Sehr erfreulich war, dass Rudy spielen konnte und durfte. Mir ist letztens ganz anders geworden, als in der StZ die Rede davon war, dass Rudy zum Saisonende wechseln könnte. Ich weiß, auf die Stuttgarter Blätter darf man nicht allzu viel geben, aber kurz erschrocken war ich trotzdem.
Bleibt noch festzuhalten, dass die Linksverteidigung endlich anständig (doppel)besetzt zu sein scheint.
@Stefan
Es wird ja in gewissen Kreisen gemunkelt, dass Hleb -so er denn nicht verletzt ist- eine vertragliche Garantie hätte, mindestens bis zur 60. Minute spielen zu dürfen… 🙂
Wobei ich Hleb jetzt nicht wirklich schlecht finde. Solange er jedes Spiel ein, zwei Pässe der Güteklasse abliefert, wie es vor dem ersten Tor der Fall war, dann lohnt sich sein Einsatz schon. Abgesehen davon, dass er insgesamt schon Einsatz an den Tag liegt – wenn er auch, ähnlich wie es gestern bei Gebhart auch gut zu beobachten war, eben halt der Typ Spieler ist, der im ersten Moment nach einer Aktion, die nicht gut gelaufen, erstmal stehen bleibt und hardert.
@heinzkamke/Felix
Danke für Euer Vertrauen in meine Urteilskraft. Das Problem ist natürlich, dass solche Fehler in der Innenverteidigung, auch wenn sie nur einmal im Spiel vorkommen schon spielentscheidend sein können. Vermutlich hätte ich die Leistung auch anders beurteilt, wenn eine oder gar beide Situationen zu Gegentoren geführt hätten. Haben sie aber nicht und so war ich insgesamt eben beeindruckt und bin mir sicher, dass er sehr bald wieder zu alter Stärke und Form zurückfindet. Hoffentlich schon am Dienstag.
@Felix
Naja, 5 Tore gegen Barcelona wären ja auch etwas vermessen. 🙂
Abgesehen davon wäre es ja schon okay, wenn wir nächste Woche Frankfurt schlagen, ob mit vielen oder wenig Toren ist ja auch Wurscht. Wobei das Schöne ja ist, dass mit der Niederlage vergangene Woche und dem Sieg gestern diese Saison nun im Grunde durch ist. Bei 14 Punkten Vorsprung und der derzeitigen Form der direkten Abstiegskandidaten können wir das Thema nun endgültig ad acta legen – und da braucht man meinetwegen auch von Seiten Heldt, Gross und Co gerne auch nicht mehr drauf bestehen, denn das wäre jetzt doch albern. Trotz der 40 Punkte-Marke.
Gleichzeitig sinds aber auch 8 Punkte – und noch 4 Plätze – auf Platz 5, was ähnlich illusorisch ist.
Meine Hoffnung ist daher, dass ohne den Druck eben ab jetzt einfach nur Fußball gespielt wird. Schöner vorzugsweise.
In der Tat, die Linksverteidigerposition ist momentan nicht mehr der Schwachpunkt vergangener Jahre. Wobei ja Boka, glaube ich, derzeit verletzt ist.
Und ich bin natürlich ganz bei Dir in der Hoffnung, dass Heldt nicht den Fehler wie bei Beck oder Gentner wiederholen wird, und Rudy einfach so ziehen lässt. Ich denke doch, dass er seine Chancen im Team bekommen wird. Und das sollte ihm auch die Einwechslung in diesem Spiel zeigen, schließlich wurde er nicht als Wechsel gebracht, um noch ein bisschen Zeit von der Uhr zu kriegen (wie bei Schieber).
Hmm, du schreibst einen kompletten Spielbericht, erwähnst X Spieler, aber mit keinem einzigen Wort Cacau?
Bist du der Meinung weil die Medien ihn hervorherben ist er es hier nicht extra wert oder warum?
Jetzt, wo Du es sagst, stimmt schon, man hätte ihn wohl erwähnen können…
Okay, mal Spaß beiseite. Nachdem ich so rund 800 Wörter geschrieben hatte, ohne Cacau zu erwähnen, habe ich mir gedacht, ich kann es auch gleich lassen. =)
Natürlich war Cacau großartig und er hätte es absolut verdient hier eine komplette Lobhudelei zu erhalten – aber, Blogs sind ja eher komplementär zu „normalen“ Nachrichten zu verstehen, von daher dachte ich mir, dass Cacau jetzt schon genug Würdigungen bekommt, zumal ich ja hier ohnehin keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebe.
Abgesehen davon sehe ich es übrigens in der Tat so, dass Lehmann eigentlich der Spieler des Spiels war, weil er genau in den richtigen Momenten teils extrem schwer haltbare Bälle gehalten hat. Und bei all der (oft berechtigten) Dresche, die er in den letzten Wochen und Monaten medial und von den Fans erhalten hat, bin ich der Meinung, dass er es im Gegenzug eben auch mal verdient hat, explizit gelobt zu werden.
Wenn Du eine anständige Lobhudelei auf Cacau lesen magst, dann kann ich dir wärmstens diesen Text ans Herz legen.
Und darüber hinaus ist diese Kommentarspalte jederzeit für alle offen, die Ergänzungen anbringen möchten. =)
Öhm, also Cacau wurde doch sogar die Überschrift hier gewidmet… oder war jetzt das Wortspiel „Trinkschokolade“ Cacau (Kakao) unabsichtlich? 😀
Nuja, ich dachte mir, ich muss ja auch nicht alles erklären.
Aber Danke! =)