Umbruch & Aufbruch

24 Jan

Der dritte Sieg in Folge, 6 Pflichtspiele in Serie ungeschlagen, die beste Tabellenplatzierung seit dem 7. Spieltag und den Vorsprung auf die direkten Abstiegsplätze auf 9 Punkte ausgebaut – ich würde sagen, der Patient Stuttgart ist dabei, zu gesunden.

Wenn alles halbwegs normal läuft (maximal Remis gegen BVB und HSV, Siege gegen den Rest), dürften wir in 5 Spielen diese Saison zu den Akten legen, da wir danach nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben sollten. Nach vorne wird bei 10-12 Punkten Rückstand auf das internationale Geschäft dann ebenfalls nicht mehr viel zu holen sein, so dass wir die restlichen 10 Spiele wohl nur noch der Freude am Fußball wegen und zur Vorbereitung auf die WM am Ligabetrieb teilnehmen. Das ist zwar nicht unbedingt eine Situation, die ich mir vor der Saison erträumt hätte, aber nach der Hinrunde werden wir damit wohl leben müssen und auch können.
[Wobei es rein theoretisch natürlich noch die Möglichkeit gibt, dass Bayern und Schalke im DFB-Pokalfinale stehen, der Sieger sich über die Tabelle parallel aber schon für die CL qualifiziert und der Verlierer ebenfalls mindestens 5. wird – dann wäre es erstrebenswert Platz 6 zu holen, der momentan durchaus in Reichweite zu sein scheint… Achja, oder man gewinnt eben direkt die Champions League…höhö…]

Dass es bis Ende Februar so positiv für den VfB laufen wird, daran habe ich nach den nun fünf Auftritten unter Gross eigentlich keinen Zweifel mehr. Natürlich haben wir auch gestern wieder mal nach einer Stunde angefangen zu wackeln, aber wir haben eben auch wieder eine Stunde lang guten bis sehr guten Fußball gezeigt und den Gegner dominiert und solange sich die Mannschaft daran hochzieht und eben nicht von den schwächeren Phasen runterziehen lässt, mache ich mir keine großen Gedanken, dass wir Spiele wie gegen Nürnberg, Köln oder Frankfurt nicht gewinnen werden. Ein gutes Abschneiden gegen die „Großen“ wie Hamburg und Dortmund wäre dann zwar auch schön, ist aber sicherlich hauptsächlich für die Stimmung notwendig und weniger entscheidend für den Ausgang der Saison. Und ob es dazu reichen wird, das muss man dann eben sehen.

Denn auch gestern hat man wieder unser Lieblingsproblem dieser Saison gesehen: Die Chancenverwertung.
Nach wie vor macht der VfB einfach zu wenig aus seinen, teilweise doch hochkarätigen Chancen. Wäre gestern frühzeitig das 2:0 gefallen, dann wären aller Voraussicht nach die Freiburger nicht mehr so zurückgekommen und hätten derart am Ausgleich geschnuppert, wie es rund 20 Minuten lang der Fall war, als sie mit dem berüchtigten „Mute der Verzweiflung“ alles nach vorne schmissen.
Was man aber eben auch festhalten muss, ist die Tatsache, dass seit Gross das Ruder übernommen hat, wurde in jedem Spiel eben doch auch immer ein Stürmertor erzielt wurde und alleine das gibt schon mal Anlass zur Hoffnung. Gestern war dies mal nicht der ansonsten durchaus starke, weil erneut überaus engagierte Pogrebnytank (beeindruckend wie er Mitte der zweiten Halbzeit mal 20 Meter vor dem eigenen Strafraum einen Freiburger abgrätschte und den Ball zurückholte!), sondern unser 8 Millionen schweres Dauersorgenkind Ciprian Marica. Auch er hat wieder sehr viel Einsatz gezeigt und sich das Tor wirklich verdient am gestrigen Abend. Schade, dass sein zweiter Treffer aberkannt wurde (was man nachvollziehen kann).

Ebenfalls erneut aufsteigende Tendenz zeigte Hleb, der mit einer wirklich an alte Zeiten erinnernden Aktion das Führungstor mit vorbereitete. Klar war sein Solo gegen einen überforderten, unerfahrenen Aussenverteidiger, aber den Pass auf Pogrebnytank so zu spielen, das können eben nicht viele. Ganz feines Dingens!

Der Winterpausenneuzugang Molinaro war dieses Mal, trotz einer schwachen rechten Freiburger Seite, nicht ganz so offensiv wie vor einer Woche noch, aber zeigte erneut viel Laufbereitschaft und definitiv zu Gute halten muss man ihm den sehr schnell ausgeführten Einwurf auf Hleb, der den letztlich entscheidenden Treffer einleitete. Dennoch war er in der Defensive in Halbzeit zwei leider auch wieder für ein, zwei Herzklabasteraktionen gut (ein Kopfball in die Mitte vors eigene Tor? Mein lieber Molli…). Wir werden das weiterhin kritisch, aber mit Wohlwollen im Auge behalten.

Kritisch beäugt wird natürlich weiterhin auch unsere rechte Offensivseite. Erst zeigte Hilbert zwar viel Einsatz, aber leider auch die altbekannten Probleme in Präzision und Durchsetzungsfähigkeit und erinnerte damit leider wieder an den Hilbert der vergangenen zweieinhalb Jahre und nicht an den Meisterschaftsretro-Roberto von letzter Woche. Und auch sein Ersatz am gestrigen Abend, Timo Gebhart, zeigte leider wieder genau das, was ihn bei vielen VfB-Fans zu einer Art „Hassobjekt“ macht (also Hass mehr im Sinne von „Da kriech ich Hass“ als von ehrlich empfundenem persönlichen Hass). Und so war ab der 60. Minute mein am häufigsten wütend vor mich hergemurmelter Spruch dann logischerweise „SPIEL DAS VER/(%=%/ SCH§%&-DING DOCH AB!!1“.

Dass das Spiel dem VfB zeitgleich zu seiner Einwechslung etwas entglitt, will ich dabei natürlich nicht Gebhart anheften, schließlich war Hilbert vorher auch nicht bedeutend stärker. Aber der bemühte sich zumindest mal häufiger seine Mitspieler einzusetzen, während Gebhart nur eine wirkliche Szene (okay, die war natürlich sehr schön) hatte, wo er mal versuchte einen Mitspieler offensiv ausgerichtet anzuspielen.

Auch nicht so richtig gut gefallen -wenngleich auf weitaus höherem und weniger frustrierendem Niveau- hat mir Celozzi, der erneut leichte Schwächen im Stellungsspiel offenbarte. Ich würde wirklich mal gerne sehen, wie sich die Mannschaft schlägt, wenn Träsch auf die Rechtsverteidigerposition rückt und wir im defensiven Mittelfeld die K&K-Monarchie wieder aufleben lassen mit Khedira und Kuzmanovic. Aber gut, solange wir gewinnen, hat der Trainer recht und gibt es eigentlich keinen Grund, die Aufstellung zu ändern. Daher vermute ich, dass es auch am kommenden Sonntag, wenn es in das Duell der beiden Momentummannschaften gegen Dortmund (9 Pflichtspiele ohne Niederlage) geht, bei der selben Aufstellung bleiben wird.

Die einzige Ausnahme wird allerdings mit Sicherheit Lehmann darstellen, der für den erneut insgesamt überzeugenden Ulreich in den Kasten zurückkehren wird. Mal schauen, wenn es sich tatsächlich so darstellen sollte, dass wir gegen Ende der Saison nichts relevantes mehr erreichen können, dann würde ich mich freuen, wenn Ulreich ein paar Einsätze bekommen würde.

Positiv gefiel mir insgesamt gestern auch die „Defensiv-Box“, sprich Innenverteidigung plus Doppelsechser. Zwar war Khedira nicht so stark, wie sonst schon mal (u.a. auch mal mitverantwortlich für eine dicke Chance der Freiburger in Minute 61) und auch Träsch zwar sehr engagiert, aber nicht sonderlich auffällig, aber gemeinsam mit der Innenverteidigung schon ein äußerst stabiles Paket, dass durch die Mitte eigentlich gar nix zuließ, selbst in den wackeligen 20 Minuten kamen die Angriffe wenn dann zumeist über die Außen (und da bevorzugt über die eigene rechte Seite). Auffällig in diesem Zusammenhang war zudem auch, dass ein Großteil der Mitte Halbzeit 1 zuhauf auftretenden Standardsituationen rund um den Freiburger Strafraum meist Niedermeier als Endabnehmer hatten.

Apropro Freistöße: Beeindruckend, was Pogrebnytank da für einen Gewaltschuss mal auspackte. Habe mich doch kurzzeitig gefragt, wer ohne Hitzlsperger, Elson und Kuzmanovic denn diesen zentralen Freistoß ausführen würde. Unser Russen-Naldo scheint da auf jeden Fall eine sehr brauchbare Alternative zu sein.

Apropro Hammer: Irgendwie hat es mir ein positives Gefühl gegeben, dass wir tatsächlich bei eigener Führung einen Hitzlsperger einwechseln konnten. Leider hat er auf der linken Mittelfeldposition etwas bindungslos gewirkt und gerade in der Defensivarbeit etwas orientierungslos agiert teilweise, aber er zeigte eben auch wieder das, was ich so an ihm schätze: Einen Zuckerpass quer vor dem gegnerischen Strafraum, der beinahe zu einer hochkarätigen Torgelegenheit geführt hätte.

Mal schauen, ob Hitz tatsächlich bleiben wird, wie es sich gestern abend in den Interviews heraushören ließ, oder ob er im Laufe der nächsten Woche tatsächlich noch die „Flucht“ ins Ausland (Saragossa?) antritt, um seine WM-Chance zu wahren. In Anbetracht eines möglichen Abgangs von Khedira im Sommer fände ich ja übrigens eine Ausleihe in diesem Fall überaus sympathisch! Damit würde Hitz sich die benötigte Spielpraxis sichern und im Sommer könnte man dann nochmal genau nachschauen, wie es jetzt wirklich aussieht in Sachen Personal. Einerseits könnte man Hitz zurückholen, falls Sami weggeht – andererseits hätte man gegebenenfalls direkt einen interessierten Käufer an der Hand, der Hitzlsperger dann ganz übernehmen würde.

[EDIT: Ich bin gerade darauf aufmerksam gemacht worden, dass Hitzlspergers Vertrag im Sommer ausläuft. Das ist natürlich vollkommen korrekt, hatte ich leider verdrängt. Dementsprechend wäre eine Ausleihe bis zum Saisonende selbstverständlich komplett sinnbefreit. Mea culpa! Und vielen Dank, liebe transfermarkt.de-User. =)]

Ebenfalls als heiße Abgänge werden Bastürk (Blackburn Rovers?) und Elson (Köln? Bochum?) gehandelt – was dann im Extremfall gleich 4 losgewordene Mittelfeldspieler wären, nachdem man Simak Richtung Mainz losgeworden ist.

In Anbetracht der oben angesprochenen Situation, dass wir nächste Saison mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht international spielen werden (und auch in der Rückrunde vermutlich nur noch 2 Spiele ausser der Reihe haben), kann ich die Kaderausdünnung auf jeden Fall nur begrüßen. Mit einem guten Dutzend Mittelfeldspieler in die Saison zu gehen war ohnehin schon etwas übertrieben. Aber diesmal habe ich tatsächlich ein wenig das Gefühl, dass Heldt komischerweise das Richtige zu tun scheint. Nach dem geräuscharmen Transfer von Simak, der frühzeitigen Verpflichtung Gentners und dem bisher durchaus richtig wirkenden Tausch von Magnin gegen Molinaro scheint sich sowas wie eine Serie hier anzudeuten…

Apropro Umbruch, noch eine kleine Randnotiz:
Im Hinspiel gegen Wolfsburg standen noch ganze 6 Stammspieler der Meistermannschaft 06/07 in der Startaufstellung, in den ersten beiden Spielen der Rückrunde waren es noch derer 3 (wobei man Delpierre da sicherlich noch hinzurechnen muss). Die Deutung hiervon mag natürlich jedem selbst überlassen sein…

Der Hinrunden-Rückrunden-Vergleich: +3 Punkte, +3 Tore

5 Antworten to “Umbruch & Aufbruch”

  1. hirngabel Januar 25, 2010 um 1:36 am #

    Während ich hier gerade das NFC-Championship Game verfolge flattert doch tatsächlich die Neuigkeit rein, dass der VfB wohl Georg Niedermeier endgültig verpflichtet hat, mit einer Vertragslaufzeit bis Sommer 2014.
    Über die Ablösesumme, die letztendlich geflossen ist, habe ich bislang noch keine endgültige Quelle gefunden (von geforderten 3 Mio war ja mal die Rede), aber das werden wir dann wohl im Laufe der nächsten Tage erfahren.

    Ich kann mich nur noch mal wiederholen: Allmählich wird das Transfergebahren von unserem Shoppinghotte doch ein bisschen unheimlich. Gratulation zu den bisherigen Moves!

  2. heinzkamke Januar 25, 2010 um 11:53 am #

    Oh, mein Kommenar ging verloren. Noch ein Versuch:
    In punkto Freistöße war ich auch überrascht, dass Hilbert nicht nur mehrere Freistoßflanken schlagen durfte, sondern dass diese auch noch zumeist einen Abnehmer (Marica) fanden. Wenn er bloß mal lernen würde, aus dem Spiel heraus zu flanken.

  3. hirngabel Januar 25, 2010 um 12:04 pm #

    Das stimmt, in dieser Hinsicht war Hilberts Auftritt in der Tat gut, da er oft Marica (oder auch Niedermeier) fand. Dennoch war ich insgesamt ein wenig enttäuscht von ihm, im Vergleich zur Vorwoche.
    In Anbetracht auch von Gebharts Leistung, ist auf der rechten Seite sicherlich noch einiges an Verbesserungspotential vorhanden. Mal schauen, wann Rudy wieder Anschluss findet.

    Dein erster Kommentarversuch findet sich leider auch nirgendwo hinter den Kulissen wieder… Scheint tatsächlich verloren gegangen zu sein.

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