Gemeinhin würde man mich wohl nicht als „wahren Fan“ bezeichnen, schließlich besuchte im letzten Jahr nur zwei Spiele meines Vereins im Stadion (und das war dann auch noch ein Spitzenwert im letzten Jahrzehnt). Ich habe noch nicht mal ein Sky-Abo und wenn ich Sky schaue, dann meistens die Konferenz aller stattfindenden Ligaspiele. Und das letzte Mal, dass ich in einem echten Fanblock im Stadion stand, war 1997 – und das war ausgerechnet im Block von Hertha BSC Berlin beim Auswärtsspiel in Kaiserslautern (ein Erlebnis, das mich zu meinem einzigen je geschriebenen Leserbrief trieb, der dann tatsächlich auch noch in der SportBild veröffentlich wurde).
Am vergangenen Samstag war es dann aber mal wieder soweit und ich betrat tatsächlich den Fanblock eines Stadions – und auch dieses Mal war es ein Spiel ohne Beteiligung meines Vereins, denn es handelte sich um das RheinEnergie Stadion, wo sich der Meister Wolfsburg beim heimischen FC die Ehre gab.
Zum 1. FC Köln kann ich eine gewisse Zuneigung sicherlich nicht verleugnen, ist es doch der Club der Stadt, in der ich geboren bin und in der ich jetzt lebe, auch wenn die Beziehung insgesamt durch eine gewisse „ironische Distanz“ geprägt ist. Über weite Strecken meines Lebens konnte man diesen Verein schließlich nicht so richtig ernst nehmen und das fällt mir auch heute noch immer ein bisschen schwer.
Eines muss man dem Effzeh aber sicherlich lassen und das ist die exzellente Stimmung, die im Stadion bei Fußballspielen zumeist herrscht und wenn man dies, wie ich am Samstagabend, hautnah direkt im Block S1/2 erlebt, dann gibt es da, glaube ich, wenige Stadien in der Bundesliga und vielleicht auch weltweit, die hier mithalten können. Alleine schon der Einlauf der Mannschaften zur Vereinshymne (nur echt mit kölschem Text auf der Leinwand) ist wirklich ein absolutes Gänsehauterlebnis – und nicht umsonst die einzige Vereinshymne, die ich auch ausserhalb von Stadien gerne mal lauthals mitsinge (jaja, da geht sie noch weiter dahin, die VfB-Fan-Credibility…).
Die Stimmung im Stadion zu Spielbeginn unter den rund 90% FC-Fans kann man wohl guten Gewissens als „verhalten optimistisch“ bezeichnen. Auch wenn der Kölner gerne zum Größenwahn neigt, so machte man sich trotz angeblicher „Poldimania“ keine allzu großen Hoffnungen auf den ersten Saisonsieg an diesem sommerlichen Abend. Auch zur Halbzeitpause, nach dem man einige gute Angriffe und eine durchaus stabile Defensive der eigenen Truppe zu sehen bekam, war das häufigste Urteil „Erstaunlich gutes Spiel“, ohne aber das man in allzu große Euphorie verfiel.
Gut, diese kam dann allerdings ganz schnell auf, als nur 4 Minuten nach Wiederanpfiff, der schon in der ersten Halbzeit sehr positiv aufgefallene, Fabrice Ehret mit einem unwiderstehlichen Antritt einen dicken Bock von Madlung ausnutzte und direkt vor der Kölner Südtribüne mit einer artistischen Grätsche den Ball zur nicht unverdienten Führung einnetzte.
Damit brachen natürlich einige Dämme auf den Rängen und Euphorie machte sich allerorten breit, zumal das Spiel daraufhin an Fahrt gewann und von einem ansehnlichen zu einem wirklich erstklassigen Spiel mutierte. Die Wolfsburger kamen durch das Gegentor nun doch endlich auf Touren und konnten endlich mal ihre Offensive ans Wirbeln bringen, während dadurch auf der anderen Seite immer wieder Räume zum Kontern entstanden, was dem Kölner Team durchaus entgegenzukommen scheint mit Spielern wie Maniche, Podolski und Ehret. In dieser Phase machte das Spiel wirklich richtig viel Spaß, da es tatsächlich mehr oder weniger auf des Messers Schneide stand und es so schien als ob das nächste Tor eine Entscheidung bringen könnte.
Und so war es dann auch, aber leider nicht so wie es sich die FC-Fans wünschten, da u.a. Podolski mit einer gut herausgearbeiteten Chance nicht erfolgreich war, während auf der anderen Seite dann eben der Knoten platzte und Dzeko da stand wo ein Stürmer stehen musste. Dass dann keine 100 Sekunden später ein Eigentor von Womé dazu führte, dass man umgehend auch noch in Rückstand geriet, brach scheinbar sowohl dem Team als auch dem Publikum vollständig das Rückgrat. Denn während zuvor fast durchgängig gesunken, geschunkelt und gehüpft wurde, machte sich nun Konsternierung (oder wie auch immer das Nomen heisst…) und Depression allerorten breit.
Die restlichen 15 Minuten waren für den VfL dann im Grunde nur noch Formsache, da nicht nur die Stimmung im Stadion sondern auch der Wille im Team weg war und Wolfsburg so relativ leichtes Spiel gegen nun kraft- und irgendwie orietntierungslose Kölner hatte.
Bei den Fans begann man sich nun darauf zu versteifen, den Frust am unfassbar schlechten Schiedsrichter Kinhöfer (der eine wirklich blitzsaubere Leistung ablieferte) zu entladen oder auch wahlweise an der Einwechslung von Ishiaku, während ein Teil der Fans noch ein paar letzte verzweifelte Hoffnungskörner an den Einsatz des rekonvaleszenten Novakovic versucht zu heften. Ein Schimmer, der sich dann spätestens mit dem 3:1 durch Martins wieder zerschlug.
Insgesamt hatte ich wirklich einen sehr vergnüglichen Fußballsamstag, bei dem ich im Übrigen auch dem neuen Spielplan eine durchaus positive Seite abgewinnen konnte: Nachmittags ging es erst in eine Kneipe, wo wir uns die Nachmittagskonferenz um 15:30h anschauten, bevor wir uns dann auf den Weg ins Stadion machten, um das „Topspiel“ zu sehen. Klar, man kann vieles an der neuen Spieltagsgestaltung negativ sehen, aber als Stadionzuschauer des 18.30h-Spiels sind die neuen Anstoßzeiten eigentlich echt cool. Okay, als Entzerrung wären 30 Minuten mehr, also Anstoß um 19 Uhr vielleicht nicht verkehrt, aber auch so funktioniert das wirklich prima.
Fußballerisch bleibt noch festzuhalten, dass mir die Wolfsburger mit ihrer unterkühlten Leistung doch ziemlich imponiert haben. Lange sehr zurückhaltend agiert, aber als es dann hart auf hart kam, konnten sie die offensive Qualität in wirklich beeindruckender Manier auf den Platz bringen. Klar, das war nicht unfehlbar und hätte bei einem 2:0 durch Poldi auch ins Auge gehen können – aber selbst dann wäre ich mir nicht sicher, ob es nicht doch gelungen wäre, das Spiel zumindest auszugleichen.
Für den FC seinerseits bleibt erstmal unter dem Strich eine weitere Niederlage, aber eben auch ein Spiel, aus dem man eigentlich einiges an Selbstvertrauen ziehen kann. So zumindest sahen es die meisten Fans und man kann nur hoffen, dass es so auch die Spieler sehen. Emminent wichtig wird es sein, am kommenden Wochenende 3 Punkte gegen Frankfurt zu holen, da sie der einzige nicht ganz so stark eingestufte Gegner sind, in einem Auftaktprogramm, das sich gewaschen hat: Dortmund, Wolfsburg, Hamburg, Schalke, Stuttgart, Leverkusen, Bayern – was sich liest wie die Liste der Meisterschaftskandidaten sind tatsächlich die anderen sieben Gegner neben Frankfurt an den ersten acht Spieltagen. Ein Auftaktprogramm direkt aus der Hölle.
Dabei würde ich dem FC sogar einiges an Qualität bescheinigen wollen. Besonders Maniche scheint eine absolute Verstärkung zu sein, wenn er bald an Kondition nachlegen kann. Wie der die Bälle im Mittelfeld verteilt, erste Sahne. Im Zusammenspiel mit Podolski und dem bald wieder komplett fitten Novakovic kann das einige Teams wirklich vor erhebliche Probleme stellen. Mit der Rückkehr von Geromel hätte man gemeinsam mit Mohammad, der am Samstag wirklich sehr positiv aufgefallen ist, ein wirklich starkes Innenverteidigerduo, das hinten für noch mehr Stabilität sorgen könnte. Ähnlich wie der VfB hat man allerdings auf linken Aussenverteidigerposition ein Qualitätsdefizit, da Womé nicht wirklich höheren Ansprüchen genügt.
Zu guter Letzt noch ein generelles Wort:
Ich glaube nicht, dass der Fanblock wirklich etwas für mich ist. Man ist doch irgendwie sehr häufig mit Feiern, Schunkeln, Singen und Hüpfen beschäftigt, wodurch zumindest bei mir die Konzentration aufs Spiel phasenweise etwas litt. Vielleicht hing es damit zusammen, dass es mehr oder weniger das erste Mal war und dementsprechend neu, aber ich konzentriere mich doch im Allgemeinen ganz gerne auf das Spiel selbst, wenn ich im Stadion bin. Und das kann man auf einer „ruhigeren“ Tribüne doch irgendwie besser. Zumal die Fanblöcke oftmals den Nachteil haben, dass die Sicht von dort meist nicht die allerbeste ist, zumindest wenn man den Wunsch hat, möglichst das ganze Spielfeld zu überblicken.
Ich will es nicht für ausgeschlossen halten, dass ich das nicht wiederholen werde, gerade beim Effzeh, und ich werde mir auch sicherlich irgendwann mal ein VfB-Spiel im eigenen Block anschauen, aber ich glaube mein Platz ist irgendwie auf den „normalen“ Tribünen…
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